Freizeit, Soziales

„Drehung im Kopf“

Fake als subversive, künstlerische Strategie

Mittwoch, 13.09.2017 – 20 Uhr
Medienhaus Hannover, Schwarzer Bär 6

Referent: Georg Klein

Die subversive Strategie des Fake | BRIMBORIA Institut
„Fakes als künstlerische Strategie zu nutzen, stellt eine Gratwanderung in mehrfacher Hinsicht dar: man verlässt die reine Sphäre der Kunst, man spielt mit dem Publikum ein doppeltes Spiel, man greift in die Wirklichkeit ein, ohne zu wissen, wie es ausgeht. Das Riskante daran ist zugleich der Reiz – ein sehr starker Reiz, wie ich anhand meines ersten, durch und durch als Fake ausgearbeiteten Projekts erfahren konnte.“

„Kunst ist die Kunst so zu tun, als ob. Das wirkt am nachhaltigsten.“ so schrieb eine Rezensentin der Berliner Zeitung zu diesem Projekt – und es ist diese Wirkungskraft im Kopf, das das Spiel mit einem Fake so attraktiv macht. Für einen bestimmten Zeitraum müssen die Rezipienten sich der gefaketen Wirklichkeit aussetzen, was ein hohes provokatives Potential erzeugen kann. Im Gegensatz zur Täuschung, Fälschung und Betrug wird beim Fake jedoch „das Moment der Enthüllung von vorneherein mitentworfen“. D.h. dass der Rezipient nach einer gewissen Zeit dahinterkommen kann und soll, was hier gespielt wird. Erst dann setzt die volle Erkenntnis ein und oft auch ein humorvolles Aufatmen. Diesen Punkt haben wir im Wachturmprojekt unterschiedlich lang hinausgezogen, je nach Verhalten der Besucher, ob sie sich entrüstet, unsicher oder interessiert zeigten. Einige haben jedoch bereits während der Führung durch den Turm anhand des überspitzt formulierten Infoblatts oder der ins Extremgehenden Grünfärbung des Lichts oder des mächtigen, durchdringenden Turmklangs das Spiel erkannt: eine Drehung im Kopf, die die Besucher anders hinauslässt als sie hereingekommen waren.

Jüngstes Beispiel ist die Aktion der Gruppe „Zentrum für politische Schönheit“ mit ihrer gefaketen Website des Bundesfamilienministeriums, auf der zur Aufnahme und Patenschaft von 55.000 syrischen Flüchtlingskindern aufgerufen wird. Doch bereits Orsen Welles erlangte seine Bekanntheit durch einen Fake, dem fiktiven Hörspiel „Krieg der Welten“ von 1938. Er nutzte das normale Radiomusikprogramm, das ab und zu von einem Moderator unterbrochen wurde, um die neuesten Nachrichten zur Invasion vom Mars zu verbreiten. Angeblich soll die Sendung zu einer Panik an der Ostküste der USA geführt haben, doch soll es sich bei den Presseberichten darüber ebenfalls um gezielte Übertreibungen gehandelt haben, die Welles erst berühmt machten.
Georg Klein

Themenreihe Gesellschaftskritik – In Kooperation mit dem NLQ Hildesheim.
Während der Veranstaltung werden Foto- und Filmaufnahmen gemacht.

Eintritt: frei

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