Der Novemberpogrom von 1938 in Hannover

Im Historischen Museum ist vom 5. November bis 18. Januar eine Ausstellung mit einer Rekonstruktion des Ablaufes der Reichspogromnacht in Hannover zu sehen.

Öffnungszeiten: Di, Do. 10.00 – 19.00 Uhr Mi – So. und an Feiertagen 10.00 – 17.00 Uhr montags geschlossen
Preise: regulär 5,00 € / ermäßigt 4,00 € freitags freier Eintritt Kinder und Schüler von 5 bis 12 Jahren 1,00 €Kinder und Schüler ab 13 Jahren ermäßigt 4,00 € Schulklassen pro Schüler 1,00 € Preise für Gruppenbesuche und Führungen auf Anfrage 

Am 9. November 1938 kam die Spitze der NSDAP zur alljährlichen Feier des Hitler-Putsches 1923 in München zusammen. Zeitgleich gab es in allen größeren Orten ähnliche Veranstaltungen. In Hannover traf sich die Partei in der Stadthalle und gedachte der „Kampfzeit“. Der Tag endete mit einer feierlichen Aufnahme von Kandidaten in die SS. Dazu hatten sich die lokalen SS-Führer und 100 Hitlerjungen sowie 62 Bewerber der Staats- und Kriminalpolizei im Konzerthaus am Hohen Ufer versammelt. Als Hitler am Abend in München die Nachricht vom Tode des von dem hannoverschen jüdischen Jugendlichen Herschel Grynszpan angeschossenen Pariser Botschaftssekretärs Ernst vom Rath erreichte, wurde die größte, brutalste und konsequenteste Aktion der Nazis gegen die Juden in Deutschland und dem angeschlossenen Österreich in Gang gesetzt, die das „Dritte Reich“ während der Friedenszeit erschütterte: Der Novemberpogrom. Propagandistisch sollte die reichsweite Aktion als spontaner Ausdruck des Volkszorns über das Attentat von Paris erscheinen. Tatsächlich stand die deutsche Bevölkerung überwiegend abseits und die als Pogrom inszenierte Aktion wurde von der NSDAP, der SA und der SS durchgeführt.

In ganz Deutschland wurden die Synagogen zerstört, wo möglich Brände gelegt und die Kultgegenstände geschändet und verschleppt. Um 2.35 Uhr am 10 .November erhielt die hannoversche Feuerwehr Meldung, dass die Synagoge in der Bergstraße brenne. Ein kleiner Kommandotrupp der SS hatte das Gotteshaus aber schon fast zwei Stunden vorher angezündet, das bei Eintreffen der Feuerwehr in hellen Flammen stand. Unter dem Befehl der SS-Führer Jeckeln und Benson vollzog sich die vollständige Zerstörung der Synagoge im weiteren Tagesverlauf, indem die gelöschten Reste gesprengt wurden.

Zeitlich parallel zum Anschlag auf die Synagoge zogen Trupps von SS und SA durch die Stadt und demolierten 94 Geschäfte jüdischer Inhaber: Die Waren wurden teils zerstört, teils geplündert, teils „sichergestellt“. 27 Wohnungen jüdischer Eigentümer oder Mieter widerfuhr ein ähnliches Schicksal: Möbel, Geschirr, Haushaltsartikel und Kunstgegenstände wurden kurz und klein geschlagen. Doch damit nicht genug.

Vom Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler war der Befehl ergangen, 26000 bis 30000 möglichst vermögende Juden zu verhaften und in Konzentrationslager einzuliefern. In Hannover wurden am 10. November 180 jüdische Männer und eine Frau aus ihren Wohnungen und Geschäften geholt und mit weiteren 153 aus den Umlandgemeinden Verhafteten zunächst im Polizeigefängnis eingepfercht. Am Morgen des folgenden Tages wurden 275 Verhaftete in das KZ Buchenwald deportiert. Nach einiger Zeit kehrten alle Hannoveraner lebend zurück, aber mit gebrochenen Glauben an eine Zukunft in Nazideutschland. Die psychische und physische Tortur der KZ-Haft hat auch in einigen Fällen zum baldigen Tod geführt.

Die meisten Inhaftierten willigten ein, Deutschland zu verlassen und ihren Besitz zu „arisieren“. Die Erreichung des Ziels der NS-Politik des Jahres 1938, „die Juden aus dem Wirtschaftsleben auszuschalten“, war durch den Novemberpogrom einen großen Schritt nähergekommen. Weitere „gesetzliche“ Maßnahmen folgten auf dem Fuß. Als bedeutendste ist hier nur das Verbot für Juden zu nennen, ab 1.1. 1939 noch ein Geschäft zu führen. Besonders perfide wurde auch auf das Vermögen der Juden zugegriffen: eine „Sühneleistung“ in Höhe von einer Milliarde Reichsmark sollte wegen des Attentats erbracht werden, außerdem mussten die demolierten Geschäfte auf eigene Kosten der Geschädigten wiederhergestellt werden, etwaige Versicherungsleistungen verfielen an den Staat. Im Frühjahr 1939 gab es fast kein jüdisches Eigentum mehr in Hannover, die Emigration erreichte ihren Höhepunkt. Der Ablauf der Ereignisse der Pogromnacht, die Vorgeschichte und die Folgen werden anhand von Fotos, Dokumenten und Zeitzeugenberichten dargestellt. Es ist die virtuelle Rekonstruktion der zerstörten Synagoge zu sehen. Die Opfer bleiben nicht anonym, sondern werden umfassend dokumentiert, die Täter dort genannt, wo wir von ihnen Kenntnis haben.

Begleitend wird vom 4. November bis 7. Dezember 2008 im Vortragssaal die Ausstellung „Jüdisches Leben in Celle nach 1945" gezeigt.

www.hannover-museum.de