"boondocks" zu Deutsch unkultiviertes Hinterland, Urwald, Wildnis, ist ein internationales Kunstprojekt mit KünstlerInnen aus zehn Nationen mit Beteiligung der Partnerstädte Hannovers. Die Ausstellung ist vom 5. September bis zum 4. Oktober in der städtische Galerie Kubus, in der Kunsthalle Faust und im öffentlichen Raum am Leineufer und –an den Leinebrücken zwischen Leineschloss und Faust-Gelände zu sehen. Der Eintritt ist frei.
20 KünstlerInnen aus zehn Nationen beleuchten multimedial aktuelle ökologische, soziale und gesellschaftliche Aspekte. Ihre künstlerische Feldforschung führt sie von der Antarktis über das Amazonasgebiet bis in den heimischen Wildwuchs entlang der Leine gemäß des kuratorischen Prinzips: "Dionysisches versus Apollinisches – Unkultiviertes trifft auf urbane Ordnung und urbane Unordnung wird kultiviert". Dabei werden sie mit dem jeweils vorgefundenen architektonischen Umraum in Dialog treten oder auch auf Konfrontationskurs gehen.
Beteiligte KünstlerInnen sind: Helmut Dick (Amsterdam), Ines Doujak (Wien), Weng Fen (Beijing), Simryn Gill (Singapore), Vincent. J.F. Huang (Taipei), Reiner Maria Matysik (Berlin), Christian Dootz (Braunschweig), Hanno Kübler (Hannover), Hannes Malte Mahler (Hannover), Gaby Taplick (Hannover), Reinhardt Krehl (Leipzig), Norbert Meissner (Leipzig), Jacub Jasiukiewicz, Slawek Sobczak (Poznan), Ryutaro Fujie, Kyoko Yoshii (Hiroshima), Elodie Boutry (Rouen), Patrice Marchant (Rouen), Seamus Staunton (Bristol) u.a..
Sparten: Fotografie, Zeichnung, Video, Installation, Objekte, Performative Intervention und Kunst im öffentlichen Raum
Veranstalter: Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover und Kunsthalle Faust im Rahmen der Gartenregion Hannover
Kuration: Harro Schmidt (Kunsthalle Faust) und Christiane Oppermann, freie Kuratorin
Das Kunstprojekt boondocks wird gefördert durch: Region Hannover, Niedersächsische Lottostiftung Bingo! Die Umweltlotterie, S-HannoverStiftung, Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover, Faust e.V..
Weitere Informationen unter: www.gartenregion.de
boondocks-specials
1. Zur Eröffnung und an Wochenenden steht den BesucherInnen die "Fruchtbar Dionysos" mit Saft-Mix-Getränken im Eingangsbereich zur Verfügung.
2. Geführte Fahrradtour jeden Sonntag (13., 20., 27. September und 4. Oktober) um 15 Uhr
Treffpunkt: Städtische Galerie Kubus.
Boondocks Einführung
Die Zusammenstellung der künstlerischen Positionen durch die KuratorInnen erfolgte zum einen durch Ausschreibung des Projekts in den Partnerstädten Hannovers, zum anderen durch gezielte Einladung niedersächsischer und internationaler KünstlerInnen.
Ein Hauptaspekt des Projekts ist die Präsentation, die künstlerische Erschließung des idyllischen, weitestgehend unbekannten Leineabschnitts zwischen Strandbad (Linden-Nord) und Leineschloss sowohl für einheimisches als auch für ortsfremdes Publikum. Denn als Wasserader der Stadt hat die Leine als Nährstoffquelle für Gärten und Pflanzen sowie als Wasserlieferant für Brunnen und Fontänen im Park einen Bezug zur Thematik und verbindet die beiden Ausstellungsorte.
Viele der im öffentlichen Raum arbeitenden KünstlerInnen sind mit einer zweiten Arbeit in einem der Ausstellungshäuser vertreten.
Übersichtsauswahl:
1. internationale künstlerische Positionen
Die Dokumenta-Teilnehmerin Ines Doujak aus Wien, die aktuelle Themen der Biopiraterie, Genmanipulation sowie "innere und äußere Landnahme" thematisiert, zeigt neben Collagen aus der Serie "Siegesgärten", eine neue Arbeit, die im Kontext ihrer Amazonasreise steht.
Die in Australien lebende Documenta-Teilnehmerin Simryn Gill ist bekannt durch Objekte, Installationen und Fotos. Ihre Arbeiten machen einen gesellschaftlich-kulturellen Hintergrund sichtbar, der geprägt ist von kolonialen Spuren, Ruinen eines in sich zusammengebrochenen Aufbruchs und importierten Verhaltensmustern.
Der schon 2007 mit einer Einzelausstellung in der Kunsthalle Faust präsentierte chinesische Künstler Weng Fen wird- neben einer Fotoarbeit aus der Serie "Accumulating Eggs Project – Brave New World" die für boondocks entwickelte Videoinstallation "I am afraid that people never will understand each other" präsentieren, die führende Politiker der Gegenwart skulptural karrikiert und per Zitat auf einen Kernsatz komprimiert.
Der in Amsterdam lebende Helmut Dick überzeugt international mit seinen skurrilen und hintersinnigen Interventionen und Aktionen. Im Vorfeld der Ausstellung streift er nachts durch Hannovers innerstädtische Brachen. Er nutzt die Rückeroberung des urbanen Raums durch Wildwuchs als Kulisse für eigentümliche Szenerie, die er fotografisch dokumentiert.
Von der Klimaerwärmung scheinbar gezeichnete, schneeweiße Pinguin-Skulpturen "The Last Penguins" des Taiwanesen Vincent. J.F. Huang werden gezielt vor dem Leineschloss in "skulpturale Konkurrenz" zu den Göttinger Sieben treten. In der Innenstadt beweist der Künstler mit dem "Penguins Street Guerilla" Happening umweltpolitisches Profil.
2. Künstlerische Positionen aus Niedersachsen:
Aufgefallen ist die Jahresstipendiatin des Landes Niedersachsen 2009 Gaby Taplick aus Hannover durch begehbare Installationen und Skulpturen. Unter der Leinebrücke an der Brühlstraße installiert sie aus Wohlstandsmüll einen eigensinnigen, begehbaren Holzbau. Das "Leben unter der Brücke" schwebt wie ein Damoklesschwert (nicht nur) über arbeitslos gewordenen Häuptern – es ist an der Leine Realität. Mit einer vom Flussgrund bis in die stark umfahrene Verkehrsinsel heraufragende Konstruktion mit Aussichtsturm auf die ARGE macht Gaby Taplick doppeldeutig auf Untergründiges aufmerksam. Sie markiert den Flusslauf und holt kollektiv Verdrängtes ins Bewusstsein.
3. Künstlerische Positionen aus den Partnerstädten:
Der Künstler Reinhardt Krehl aus Leipzig wird vis a vis der Argentur für Arbeit einen ABM-Garten für urbane Wildlinge und nutzlose Zimmerpflanzen einrichten – ein neuzeitlicher Hortus conclusus.
Jacub Jasiukiewicz aus Poznan bespielt das brachliegende DGB-Gebäude an der Dreyerstraße mit einer poetischen Videoprojektion "Hazard" (dt.: Wagnis)
Für die Wiesen um die Justus Garten Brücke am Faust Gelände entwirft Ryutaro Fujie aus Hiroshima florale Skulpturen aus verspanntem Absperrband.
Elodie Boutry aus Rouen greift großflächig in den Außenraum ein. Mit Farbe und Form erobert sie sich einen attraktiven Platz an einem der Ausstellungshäuser und transformiert dort die architektonische Struktur. Für den Innenraum entwickelt sie skulpturale Objekte.
Seamus Staunton aus Bristol verleiht dem Flusslauf eine malerische Note. Analog zur Strichführung van Goghs schwimmen farbige Stöckchen hier nicht auf Leinwand sondern auf Leinewasser. Im Ausstellungsraum wartet ein sonderbarer Filzbergsee auf Besucher.
So werden viele der für die Ausstellungshäuser vorgesehenen Arbeiten den Grenzbereich Naturraum – Kulturraum multimedial erforschen. Weitere Arbeiten sind von Hanno Kübler, Hannes Malte Mahler, Christian Dootz (Hannover), Reiner Maria Matysik (Berlin), Lee Yong Baek (Korea), Kyoko Yoshi (Japan), Patrice Marchand (Rouen) zu sehen.
Öffnungszeiten:
Städtische Galerie Kubus, Theodor-Lessing-Platz 2, Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr, Sa. und So. 11 bis 16 Uhr
Kunsthalle Faust, Zur Bettfedernfabrik 3, Di. bis Fr 16 bis 20 Uhr, Sa. und So. 14 bis 18 Uhr
PM: Landeshauptstadt Hannover