Ein Stolperstein für Ernst Schünemann

stolpersteinAm Donnerstag den 13. November 2008 wird um 15:30 Uhr für den homosexuellen Zauberkünstler Ernst Schünemann auf der Limmerstraße vor Nummer 71 vom Initiator der Aktion Gunter Demnig ein Stolperstein verlegt.

Angeregt wurde der Stolperstein durch Rainer Hoffschildt, dem Autor des Buches „Olivia – Die bisher geheime Geschichte des Tabus Homosexualität und der Verfolgung der Homosexuellen in Hannover“. Detlef Simon (Desim) hat für den Stolperstein die Patenschaft übernommen.

Ernst Schünemann wurde am 11. Februar 1897 in Hannover geboren. Seit seiner Geburt war er mit einigen Unterbrechungen in der Limmerstraße 71 angemeldet. Nach der Schule lernte er Koch. Als Freiwilliger zog er in den Ersten Weltkrieg, kam in Kriegsgefangenschaft und wahrscheinlich erst 1920 wieder frei. Zunächst arbeitete er wieder in seinem erlernten Beruf, trat dann aber ab 1924 als Artist und Zauberkünstler auf.

Anfang 1939 wurde er verhaftet und am 7. Februar 1939 im Gerichtsgefängnis Hannover inhaftiert. Er wurde im März 1939 vom Luftwaffengericht Berlin mit drei weiteren Zeugen aus Hannover nach Magdeburg angefordert. Einer von ihnen war der am 7. Mai 1903 in Hannover geborene Richard Lange, der noch 1939 in Hannover verurteilt wurde, 1941 in polizeiliche Vorbeugungshaft genommen wurde und 1942 als §-175-Häftling im KZ Mauthausen II starb. Zu dieser Gruppe gehörte unter anderem auch dessen langjähriger Freund. Einer der Beteiligten hat bei den Luftwaffen gedient. Es handelte sich offensichtlich um einen schwulen Freundeskreis in Hannover. Noch im selben Monat kamen sie nach Hannover zurück.

Am 3. Oktober 1939 stand Ernst Schünemann dann selbst vor Gericht. Das Landgericht Hannover verurteilte ihn aufgrund der Paragraphen 175 und 175a Strafgesetzbuch wegen „widernatürlicher Unzucht“ zu drei Jahren Zuchthaus. Zur Last gelegt wurden ihm 13 Fälle homosexueller Handlungen, darunter auch zwei „Versuche“, die ebenfalls strafbar waren. Weil er anscheinend ein „gewöhnlicher“ Schwuler war, merkte das Nazi-Gericht die selten geäußerte Meinung an: „Der Angeklagte ist auf dem Gebiet der Unzuchtshandlungen mit Männern Gewohnheitsverbrecher, aber kein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher …“ Er war nicht vorbestraft.

Noch im selben Monat transportierte man Ernst Schünemann in das Zuchthaus Hameln. Dort wurde er im Februar 1941 mit einer Lungenentzündung in das Anstaltslazarett eingeliefert. Seine Krankheit verschlimmerte sich. Am 14. Februar 1941 teilte die Anstalt seiner Mutter in Hannover mit, dass ihr Sohn in das Stadtkrankenhaus Hameln verlegt worden sei. Am selben Tag verstarb Ernst Schünemann im Alter von 44 Jahren. Sein Tod dürfte auch durch die schrecklichen Haftbedingungen im Zuchthaus Hameln verursacht worden sein.

Quellen: [1] 1. Haftakte, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover Hann 86 Hameln 143/90, 1939/260; 2. Meldekarte aus dem Stadtarchiv Hannover.