Machtpolitik im Rat der Stadt
Dass diese Sitzung spannend werden würde, war zu erwarten. Immerhin ging es um die Neuwahl der stellv. Bürgermeister und die Neubesetzung der Ausschüsse. Die Reihen für das Publikum waren bis zum letzten Platz besetzt. Darauf saßen zum großen Teil Anhänger der beiden Blöcke, die nun in der Sitzung aufeinander prallen würden. Entsprechend rutschten die Anhänger dieser Ratsblöcke begeistert auf ihren Stühlen hin und her, wenn die Wortführer "ihrer" Fraktion einen bemerkenswerten Wortbeitrag "losgelassen" hatten. Aber auch neutrale Beobachter, lediglich Interessierte sozusagen, saßen da.
Viele Tagesordnungspunkte, die bereits hinlänglich im Vorfeld durchdiskutierten Beschlussvorlagen, wurden wie üblich schnell angenommen. Auseinandersetzungen hingegen waren um die neuen Mehrheitsverhältnisse im Rat und besonders um die Person von Dirk Salzmann zu erwarten, und diese Erwartungen wurden auch erfüllt. Bei der Einwohnerfragestunde, die normalerweise keine Stunde lang dauert, meldeten sich zwei Bürger zu Wort, von denen der eine der SPD angehört. Der Erste fragte, in dem er Die Internetseite der CDU vorlas, wie der Stimmungswandel der CDU zu verstehen sei, die auf ihrer Internetseite im April diesen Jahres geschrieben hatte mit Bezug auf Salzmans Fraktionsbildung mit dem Republikaner Wilhelm Scholz: "Eine Zusammenarbeit im Stadtrat mit Leuten, die mit der rechten Szene paktieren, wird es für uns nicht geben"? Die Antworten von Fraktionsführer Rump erklärten den Meinungswandel wenig. Der nächste Frager griff Dirk Salzmann in Bezug auf seine Mitgliedschaft in der Schill-Partei an. Sichtlich verärgert erklärte Salzmann dies damit, dass er einen Fehler damit gemacht hätte. Zusätzlich benutzte der Fraktionsführer der SPD, Messerschmidt, des öfteren den Begriff "Rechtskonservatives Lager" als Bezeichnung für das neue Mehrheitsbündnis. Die Antworten der neuen Gruppierung konnten nicht so recht überzeugen, und so stand tatsächlich der Eindruck im Raum, das neue Bündnis sei nicht eines der Mitte, sondern deutlich rechts davon angesiedelt!
Sinn und Zweck des folgenden Beschlusses, die Hauptsatzung in Bezug auf die stellvertretenden Bürgermeister zu ändern, blieb nebulös. Sinn der Neufassung ist es doch, die bisherige Gleichberechtigung der Stellvertreter aufzuheben. Die folgende Wahl der stellvertretenden Bürgermeister geriet nun zum Spektakel. Während der Vorschlag der CDU für den Posten des ersten stellvertretenden Bürgermeisters, Scharnhorst, einstimmig vom Rat beschlossen wurde, polarisierte sich der Rat beim Vorschlag der CDU für den zweiten stellvertretenden Bürgermeister, nämlich Dirk Salzmann. Die anfängliche Aufregung um seine Person steigerte sich, als Ute Lamla, DIE GRÜNEN, nach den Gründen der CDU fragte, jemanden aus der braunen Ecke" als stellvertretenden Bürgermeister vorzuschlagen. Das führte zu Emotionen, wie sie im Rat selten zu hören und fühlen waren. Auch Bodo Messerschmidt, SPD, kritisierte erneut die CDU wegen ihres Bündnisses. Der Antrag der GRÜNEN, diesen "Zweiten" geheim zu wählen, hatte Sinn, denn ob dieser Kandidat bei allen Mitgliedern der neuen Mehrheitsfraktion gleichermaßen akzeptabel zu sein schien, war nicht völlig klar. Tatsächlich waren die sich einig; Salzmann wurde gewählt.
Anschließend wurden die Plätze für die Ratsausschüsse neu verteilt. Der Verwaltungsausschuss war notwendigerweise vor der Stellvertreterwahl festgelegt worden. Bei der Verteilung der Sitze in den Ausschüssen gab es mehr Posten zu vergeben als bisher, denn die neue Mehrheitsfraktion hatte die Teilung des Sport-Kultur-Schulausschusses beschlossen. Pikant geriet die Wahl der Vertreter für den Aufsichtsrat der wirtschaftlichen Betriebe der Stadt. Ulrich Krautter vom Bürgerforum hatte vor einem Jahr die Art der Wahl in diese Vertretung und alle damit gefassten Beschlüsse in Frage gestellt. Dieter Strege, DIE GRÜNEN, wollte nun von ihm wissen, wie er sich zu einer Funktion in diesem Gremium stellen würde, sei er doch nicht von diesem Gremium überzeugt. Urlich Krautter antwortete ausweichend; er hätte keine rechtlichen Schritte gegen die Vertretung unternommen, reiche das nicht aus? Strege hakte nach und erhielt keine ausreichende Antwort. Das Flair einer überzeugenden Kraft "der Mitte", die sich den Zielen des Wohls der Stadt verpflichtet sieht, kam nicht auf. Zu sehr stand die Praxis des "Taktierens und Paktierens und um jeden Preis" im Raum.
Zwei Wermutstropfen für die neue Macht gab es allerdings zu verzeichnen: die Energiekostenpauschale, also die Turnhallengebühren, wurden nicht abgeschafft sondern in die Ausschüsse verwiesen. Schade eigentlich für den FDP-Vertreter im neuen Mehrheitsbündnis. Und die FDP erhielt nicht den Vorsitz des Sport -und Kulturausschusses.
PM: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Regionsverband Hannover