Politik, Soziales

Mohamad Alaaedin Abdul Moula erhält das Hannah-Arendt-Stipendium der Stadt Hannover

Der syrische Autor Mohamad Alaaedin Abdul Moula lebt seit Ende November 2015 als achter Hannah-Arendt-Stipendiat für zwei Jahre in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Hannover leistet mit diesem Stipendium im Internationalen Städtenetzwerk ICORN einen Beitrag zur Freiheit des Wortes.

Mohamad Alaaedin Abdul Moula, geboren 1965 in Homs, veröffentlicht seit 1983 in Syrien Gedichte, Essays, Geschichten für Kinder, Kurzgeschichten und Forschungsarbeiten. Bisher erschienen 13 Gedichtbände und acht Bände mit Prosatexten in Arabisch. Dazu kommen aus der Zeit eines mehrjährigen Aufenthaltes in Mexiko zweisprachige Anthologien und Textsammlungen (Arabisch-Spanisch).

Abdul Moulas Werk ist Gegenstand literaturwissenschaftlicher Arbeiten, seine Gedichte wurden in wichtige Anthologien zeitgenössischer arabischer Lyrik aufgenommen. Er ist Mitglied im Arabischen Schriftstellerverband Syriens und wurde durch sein Talent für traditionelle und moderne Lyrik bekannt. Seine literarischen Arbeiten stellte der Autor in einer Reihe syrischer und arabischer Literatur-Festivals vor – auch im Ausland.

Erste kritische Gedichte und Prosatexte veröffentlichte Abdul Moula Anfang der 80er Jahre. Er wurde seitdem wegen seiner Publikationen immer wieder bedroht und verfolgt, mehrfach erhielt er Reiseverbot. Ab 1991 war er Direktor für Museen und Altertümer in Homs, 1996 verlor er diese Arbeit. Seine Kontakte mit Dissidenten wie dem syrischen Schriftsteller Faraj Bayrakdar, der Gastautor in der ICORN-Mitgliedstadt Stockholm war, boten den Sicherheitsbehörden Anlass zu Verhören und Zensur. Seit 2011 hielt sich Abdul Moula als Gast im Casa Refugio, Mexico-City, auf.

Ende November 2015 kam er nach Hannover. Neben ersten Orientierungen im Alltag fand ein Treffen mit dem Arbeitskreis Hannah-Arendt-Stipendium im Literaturhaus statt. Gleich nach seiner Ankunft hat er im Eigenstudium begonnen, Deutsch zu lernen und seine Kontakte zu aktivieren – auch zu anderen syrischen KünstlerInnen in Deutschland und Europa. Sein Ziel ist es, sich in verschiedener Art und Weise für einen syrisch- beziehungsweise arabisch-deutschen Kulturdialog zu engagieren.

„Wir sind zuversichtlich, dass Ihr Aufenthalt in Hannover eine fruchtbare Zeit sein wird und das Anliegen des Hannah-Arendt-Stipendiums, für die Freiheit des Wortes durch die Aufnahme von AutorInnen einzutreten, die in ihren Herkunftsländern bedroht oder verfolgt sind, weiter bekannt gemacht werden kann!“ Mit diesen Worten hat Kulturdezernent Harald Härke Mohamad Alaaedin Abdul Moula beim heutigen (14. Januar) Gespräch im Rathaus begrüßt.

Hannah-Arendt-Stipendium und die Stipendiaten:

Das Hannah-Arendt-Stipendium wird vom Kulturbüro der Stadt, dem Literaturhaus Hannover e.V. und durch privates Engagement getragen. Mohamad Alaaedin Abdul Moula ist der achte Gastautor nach Ales Rasanau (Weißrussland), Carlos Valerino (Kuba), Wladimir Sorokin (Russland), Marwan Othman (Syrien), Muhammad Sultan (Irak), Carlos Aguilera (Kuba) und Christopher Mlalazi (Simbabwe).

In vielen Ländern der Welt werden AutorInnen bedroht und verfolgt. Das Ausmaß ihrer Verfolgung reicht von Publikationsverbot und Inhaftierung bis zur Bedrohung an Leib und Leben. Hannover beteiligt sich seit 2000 mit dem Hannah-Arendt-Stipendium im Netzwerk Internationaler Städte daran, solchen AutorInnen eine Zeit zu bieten, in der sie in Sicherheit weiter arbeiten und sprechen können.

International Cities of Refuge Network (ICORN):

So war Hannover beteiligt, als 2006 das europäische Netzwerk der Städte im norwegischen Stavanger neu konstituiert wurde: International Cities of Refuge Network (ICORN). Inzwischen ist ICORN zu einer internationalen Organisation geworden, hat mehr als 53 Mitgliedsstädte gewonnen und arbeitet mit Partnern in Europa, den USA und Mexiko zusammen. Die ICORN-website stellt die Aufgaben und die Praxis dieses besonderen Städte-Netzwerkes in einem informativen Kurz-Video vor, das mit Unterstützung des europäischen Programms „Shahrazad, stories for life“ produziert wurde (www.icorn.org).

Namensgeberin Hannah Arendt:

Die Namensgeberin des Stipendiums in Hannover, die deutsch-amerikanische politische Theoretikerin und Philosophin Hannah Arendt, kam 1906 in einem Haus am Lindener Markt in Hannover zur Welt. Als Jüdin flüchtete sie 1933 aus Deutschland zunächst nach Frankreich, dann 1941 in die USA, wo sie bis zu ihrem Tod 1975 lebte. Sie lehrte Politikwissenschaften in New York, Berkeley, Princeton und Chicago. Ihr Hauptwerk, „Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft“, erschien 1951.