Neue Broschüre und Informationstafeln
Der alte Sankt-Nikolai-Friedhof an der Goseriede feiert Jubiläum: Seit 150 Jahren ist die ehemalige Friedhofsfläche eine öffentlich nutzbare Grünanlage. 1866 wurde der Friedhof für Beerdigungen geschlossen, am 1. Juni desselben Jahres ging der neue Sankt-Nikolai-Friedhof an der Strangriede in Hannovers Nordstadt in Betrieb.
Aus diesem Anlass hat der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün eine neue Broschüre erarbeitet, in der Geschichte und Bedeutung des aufgelassenen Friedhofs und heutigen Gartendenkmals in der Innenstadt beschrieben sind. 36 ausgewählte Grabmale werden näher erläutert und können über einen abwechslungsreichen Spaziergang über das Gelände erkundet werden. Darüber hinaus hat Fachbereichsleiterin Karin van Schwartzenberg heute (1. Juni) zwei neue Informationstafeln vorgestellt, die über die wesentlichen Daten und Fakten der Anlage Auskunft geben. „Mit diesen Maßnahmen möchten wir die Bedeutung dieses ehemaligen Friedhofs, der der älteste in Hannover ist, stärker wahrnehmbar machen“, sagte sie im Rahmen einer Feierstunde an der Sankt-Nikolai-Kapelle.
Die neue Broschüre zum alten Sankt-Nikolai-Friedhof steht ab sofort als Download im Internet unter www.hannover.de zur Verfügung. In gedruckter Form liegt sie kostenfrei in städtischen Bürgerämtern, Freizeitheimen, Stadtteilbibliotheken sowie im Fachbereich Umwelt und Stadtgrün (Arndtstraße 1) aus. Der Versand ist grundsätzlich möglich: nach Zusendung eines adressierten und ausreichend frankierten Rückumschlages (DIN lang, mit 1,45 Euro) an den Fachbereich Umwelt und Stadtgrün, Arndtstraße 1, 30167 Hannover.
Hintergrundinformationen:
Der alte St.-Nikolai-Friedhof ist der älteste heute noch erkennbare ehemalige Friedhof Hannovers. Er entstand im Mittelalter, vermutlich um 1250, außerhalb der damaligen Stadtgrenze vor dem Steintor in der Nähe des dort eingerichteten Hospitals St. Nikolai. Dort wurden die Lepra-Erkrankten zum Schutz der Stadtbevölkerung vor weiteren Ansteckungen isoliert. Zum Friedhof gehörte spätestens ab 1325 eine schlichte Kapelle.
Über Jahrhunderte hinweg erlangte der Friedhof zunehmende Bedeutung als Begräbnisort für Opfer von Pestepedemien und Kriegen. Zwischen 1355 und 1824 wurde er deshalb vier Mal in Richtung Norden erweitert. In seiner letzten Phase stand der mit einer Sandsteinmauer eingefasste, polygonal zugeschnittene Friedhof für Beerdigungen sowohl der verstorbenen BewohnerInnen des St.-Nikolai-Stifts, das sich zum Armen- und Altenheim entwickelt hatte, als auch der der Altstadt und der nördlich gelegenen Dörfer und Gemeinden zur Verfügung. Weil der Friedhof an diesem Standort nicht mehr erweitert werden konnte, wurde 1866 in der Nordstadt der neue St.-Nikolai-Friedhof angelegt und der alte Friedhof aufgelassen.
In den vergangenen 150 Jahren erfuhr die ehemalige Friedhofsfläche große Veränderungen, die zum Teil auch gravierende Eingriffe in den Bestand bedeuteten. Nach Wegfall der Begräbnisse und entsprechender Einnahmen verpachtete das St.-Nikolai-Stift Teile des alten Friedhofs an die Stadt zur Nutzung als Grünfläche. Später gingen das gesamte Areal und die Kapelle in das Eigentum der Stadt über. Seit 1890 ist der ehemalige Friedhof komplett als öffentliche Grünfläche ausgewiesen und wurde von Hannovers erstem Gartendirektor Julius Trip erstmals unter Wahrung des Friedhofscharakters zum Park umgestaltet. Durch den Zweiten Weltkrieg und den späteren Ausbau der Verkehrswege in der Wiederaufbauphase erlitt die ehemalige Friedhofsfläche erhebliche Einbußen. Die Verlängerung der Celler Straße zerschnitt die vormals geschlossene Gesamtanlage. Beim Bau des Klagesmarkt-Kreisels gingen 30 Prozent der historischen Friedhofsfläche verloren, und Straßenverbreiterungen erforderten 1953 den Teilabriss der Kapellenruine. Der Bestand an Grabmalen sank von 647 vor dem Zweiten Weltkrieg auf 278 Grabsteine nach 1953.
Mit der Verlegung der Straßenbahn am Klagesmarkt in die unterirdisch geführte Stadtbahntrasse C-Nord ergaben sich Mitte der 1990er Jahre konkrete Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation des inzwischen unter Denkmalschutz gestellten alten St.-Nikolai-Friedhofs. Im Rahmen des EXPO-Projektes „Stadt als Garten“ wurden bis zum Jahr 2000 die ersten Vorhaben einer städtebaulichen Neuordnung der Verkehrswege und Rückgewinnung der historischen Friedhofsfläche umgesetzt. Am danach verkehrsberuhigten Klagesmarkt entstand ein breiter Rad-Boulevard mit Platanenallee. Das alte Transformatorenhaus im Nordosten wurde abgerissen, im Norden der heutigen Grünfläche entstand ein Areal mit Spiel- und Bewegungsangeboten.
Im Rahmen des Stadtentwicklungsprogramms „Hannover City 2020+“ erfolgte zwischen 2013 und 2015, mit Unterstützung von Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, der zweite Teil der grundlegenden Neugestaltung. Durch den Umbau des großflächigen Klagesmarkt-Kreisels in eine T-Kreuzung und Reduzierung der Straßenbreiten sind ehemalige Friedhofsflächen zurückgewonnen und die Parkbereiche überarbeitet worden. Ihren Charakter bestimmen die zum Teil neu angeordneten historischen Grabmale und der wertvolle alte Baumbestand. Neue Wege, zusätzliche Gehölze und Sitzgelegenheiten erhöhten die Aufenthaltsqualität. Parallel zur Friedhofsfläche verläuft nun durchgängig der großzügige Boulevard für FußgängerInnen und RadfahrerInnen bis zum Steintor. An den Wänden der wieder freigestellten Kapelle hängen besondere Epitaphe. Südlich der Kapelle befinden sich zusammengefasst im Lapidarium die ältesten, zum Teil noch aus der Renaissancezeit stammenden Grabmale. Die Goseriede ist zwischen der Kapelle und dem Steintor baulich geprägt und zu einem multifunktional nutzbaren Stadtplatz umgebaut worden.
Die besondere kultur- und stadtgeschichtliche Bedeutung des Sankt-Nikolai-Friedhofs als Gartendenkmal wird anhand der erhalten gebliebenen, gesicherten und zum Teil sanierten historischen Substanz erlebbar gemacht. Noch heute sind auf dem ehemaligen Friedhof Grabmale aus der Renaissance, dem Barock und dem Klassizismus zu finden, auf denen sich eine Reihe typischer Stilmerkmale, künstlerischer Ornamente und persönlicher Inschriften entdecken lassen. Neben dem Bronze-Denkmal für den bekannten Dichter Ludwig Hölty gibt es einige Grabmale namhafter hannoverscher BürgerInnen.
Bildquellen:
- Nikolaifriedhof: www.hannover-entdecken.de