Politik

Stimmung auf dem Siedepunkt: Conti Vorstand will Werksschließung illegal durchsetzen

Betriebsrat fordert Unterstützung bei Bundeskanzlerin ein

Bei der Continental AG in Hannover ist ein weiterer Eskalationspunkt erreicht. Während der Betriebsrat um den Erhalt der bis zu 3000 Arbeitsplätze in dem LKW-Reifen-Standort in Hannover Stöcken kämpft, versucht der Vorstand die Werkschließung über illegale juristische Winkelzüge zu erreichen. Die Arbeitnehmervertreter werfen der Unternehmensführung vor, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu unterlaufen und appellieren an ihre Verantwortung. Aus aktuellem Anlass hat der Betriebsrat heute auch die Bundeskanzlerin um Unterstützung gebeten.

Der Personalchef der Continental AG, der noch im Januar das sogenannte "Eckpunktepapier" unterschrieben hat, fordert den Betriebsrat jetzt zu Sozialplanverhandlungen über die Schließung auf. "Das ist schlicht illegal", betont Bärbel Bruns, Hauptvorstandsmitglied der IG BCE und Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende. "Mir diesem Vorgehen unterwandert der Arbeitgeber seine vertraglichen Verpflichtungen. Das ist für uns höchst inakzeptabel, denn das Schicksal von bis zu 3000 Mitarbeitern darf nicht auf Lügen und Vertragsbrüchen basieren", sagt Bruns. Im Januar 2009 hatten Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter die Vereinbarung mit der Überschrift "Rechtsverbindliche Vereinbarung für die Eckpunkte für die Betriebsänderung Kapazitätsreduzierung im Reifenwerk Hannover Stöcken" unterzeichnet. Das Papier sieht vor, dass auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wird und weitere Beschäftigungsschwankungen mit Kurzarbeit aufgefangen werden. Gegenstand der Eckpunktevereinbarung ist zudem die Reduzierung der Reifenproduktion von 1,28 Millionen auf 930.000 Reifen. Sinkt die Produktion unter 930.000 Reifen, wird mit Kurzarbeit reagiert. Im Text heißt es wörtlich "diese Vereinbarung bildet die verbindliche Grundlage für weitere Gespräche".

Bruns: "Vertragsbruch darf nicht zur Normalität bei der Bewältigung wirtschaftlicher Krisen werden. Jetzt kämpfen wir erst recht um den Erhalt des Standortes. Wir geben nicht auf und werden alle rechtlichen Schritte einleiten, bis hin zum Europäischen Gerichtshof." Darüber hinaus werde man sich mit den französischen Kollegen beraten, deren Rechtsauffassung auch vom Präsidenten Nicolas Sarkozy mitgetragen wird. "Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Entwicklungen haben auch wir uns an die Politik gewandt und Bundeskanzlerin Angela Merkel um Unterstützung gebeten."

Kurzarbeit statt Arbeitslosigkeit

Für die Arbeitnehmervertreter steht das Schicksal der Continental AG stellvertretend für viele Unternehmen in Deutschland. "Jetzt Beschäftigte auf die Straße zu setzen heißt, den eigenen Untergang zu verschulden", sagt Michael Deister, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und Aufsichtsratsmitglied der Continental AG. "Wenn alle Kurzarbeiter auf die Straße gesetzt werden, verdoppeln sich unsere Arbeitslosenzahlen schnell – und Hartz IV-Empfänger haben keine Kaufkraft." Die Arbeitnehmer der Continental AG seien bereit, Zugeständnisse zu machen. Deister: "Unter der Devise "Kurzarbeit statt Arbeitslosigkeit" fordern wir vom Vorstand Weitsicht statt kurzsichtigen Aktionismus. Continental muss seine soziale Verantwortung wahrnehmen, damit keine durch Angst angetriebene Abwärtsspirale in Deutschland entsteht.

Die Conti-Kolleginnen und -Kollegen werden nicht tatenlos zusehen, wie dem Unternehmen durch das Verhalten des Vorstandes Schaden zugefügt wird. Die Marke Continental ist in Gefahr."

Bärbel Bruns Vorsitzende des Gesamtbetriebsrat Continental AG