Politik

Straßenumbenennungen geplant

Die Stadtverwaltung bereitet die Umbenennung der Lettow-Vorbeck-Allee (Stadtteil Badenstedt) und der Elkartallee (Südstadt) vor. Nach neuen Erkenntnissen hat sich der Namensgeber für die Lettow-Vorbeck-Allee durch menschenverachtendes Verhalten schuldig gemacht, der Namensgeber der Elkartallee als aktiver Unterstützer eines Unrechtssystems. Das Verfahren im Fall der Lettow-Vorbeck-Allee soll im Mai eingeleitet werden. Dabei wird zunächst der Stadtbezirksrat Ahlem-Badenstedt-Davenstedt informiert und werden die etwa 400 betroffenen BewohnerInnen und EigentümerInnen angehört. Diese erhalten damit die Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Umbenennung und zu den bis dahin eventuell eingegangenen Namensvorschlägen zu äußern. Die Entscheidung über die Umbenennung und den neuen Straßennamen trifft schließlich der Rat. Vor der Umbenennung der Elkartallee ist zunächst eine Ergänzung der Umbenennungsrichtlinien erforderlich.

"Die Verwaltung möchte die Lettow-Vorbeck-Allee umbenennen, weil durch historische Untersuchungen bekannt und belegt ist, dass Paul von Lettow-Vorbeck für eine menschenverachtende Kriegsführung im ersten Weltkrieg sowie für brutale Gewaltanwendung bei einem späteren Putsch in Deutschland mitverantwortlich war. Wegen der schweren persönlichen Vorwürfe gegenüber der Person Lettow-Vorbecks kann das geplante Verfahren auf der Basis der derzeit geltenden Regelungen für Straßenumbenennungen durchgeführt werden", erläutert Stadtbaurat Uwe Bodemann.

Die neuen Untersuchungen belegen, dass Lettow-Vorbeck als Kommandeur beim Ostafrikafeldzug (1914 bis 1918) für die grausame Kriegsführung mitverantwortlich war und er aktiv am Kapp-Lüttwitz-Putsch, einem versuchten Staatsstreich gegen die Weimarer Republik im März 1920 teilgenommen hat und sich dort ebenfalls für brutale Gewaltanwendung verantwortlich zeigte. Beim Herero-Aufstand 1904 unterstützte er als Adjutant im Stabe v. Trothas das Konzept der Vernichtung und äußerte sich in seinen Memoiren ("Mein Leben" S. 81) zu den Gegnern von damals: "Ich glaube, dass ein Aufstand solchen Umfanges erstmal mit allen Mitteln ausgebrannt werden muss. Der Schwarze würde Weichheit nur als Schwäche sehen."

Lettow-Vorbeck befürwortete als Kommandeur der Schutztruppen in Ostafrika im ersten Weltkrieg eine Kriegsführung der "verbrannten Erde". Es war seine Strategie, mit einer relativ geringen Anzahl von Soldaten das Land mittels großer, zwangsrekrutierter  Trägerscharen zu plündern und dem Gegner ohne Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung die lokale Nahrungsbasis zu entziehen. Nach Schätzungen damaliger ZeitzeugInnen starben in Ostafrika bis zu 300.000 nicht an den Kampfhandlungen beteiligte AfrikanerInnen durch Hunger und Krankheiten. Für die zwangsrekrutierten einheimischen Träger gehen die HistorikerInnen von bis zu 120.000 Toten aus. Flüchtige Träger wurden verfolgt, Kranke auf Märschen liegen gelassen.

Lettow-Vorbeck stellte im Auftrage von Lüttwitz seine Brigade dem Kapp-Lüttwitz-Putsch zur Verfügung. Er brach damit seinen Eid auf die Reichsverfassung. Unter seiner Verantwortung wurden Standgerichte durchgeführt und die bestehende Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt. Eine Verurteilung wegen Hochverrats unterblieb nach Erkenntnissen der HistorikerInnen wahrscheinlich nur, weil er nicht als Initiator angesehen und ein Amnestiegesetz erlassen wurde.

Eine sofortige Einleitung des Verfahrens zur Umbenennung der Elkartallee lassen die geltenden Umbenennungsrichtlinien hingegen nicht zu, obwohl der Namensgeber nach heutiger Sichtweise als aktiver Unterstützer eines Unrechtssystems angesehen werden kann. "Die aktuellen Richtlinien fordern im Sinne einer sehr restriktiven Handhabung schwerwiegende persönliche Handlungen der geehrten Person. Hier möchte die Stadtverwaltung ein bewusstes Signal gegen eine solche Unterstützung eines Unrechtssystems setzen und wird daher dem Rat eine entsprechende Ergänzung der Richtlinien vorschlagen", erklärt Oberbürgermeister Stephan Weil.

Nach neuen historischen Untersuchungen verantwortete Prof. Karl Elkart als Stadtbaurat in Hannover (1925 bis 1945) den Einsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen und führte auf der kommunalen Handlungsebene an hervorgehobener Position die Verfolgungspolitik des NS-Regimes aus. Die weiteren gutachterlichen Ausführungen: Elkart war an der lokalen Judenverfolgung beteiligt und nutzte die Notsituation von Juden im Dritten Reich aus, um von ihnen Eigentum "günstig" für die Stadt zu erwerben. Schon 1933 setzte er sich als Mitglied einer Kommission dafür ein, dass an Juden keine städtischen Aufträge vergeben wurden und 1938 machte er persönlich den Vorschlag, für Juden praktisch keine Grundstückskäufe mehr zuzulassen, ohne dass für solche weitgehenden Maßnahmen konkrete Vorgaben der Reichsregierung existierten.

Elkart war erst ab 1937 Mitglied der NSDAP und es kann ihm nicht vorgehalten werden, dass er sich persönlich bereichert hätte. In fast jeder deutschen Kommune dürfte es Fachleute wie ihn gegeben haben, er gehört aber zu den Personen, die eilfertig und zum Teil mit Eigeninitiative die unmenschliche Politik des NS-Regimes unterstützt haben. Man wird Elkart kein persönlich kriminelles Handeln vorwerfen können, ohne solche Personen wie ihn wäre aber die erschreckende Effektivität der staatlich organisierten Judenvertreibung und -verfolgung nicht möglich gewesen.

Um bewusst ein Zeichen für ein anderes Verhalten zu setzen und nach außen die ablehnende Haltung der Stadtgesellschaft deutlich zu machen, wird die Stadtverwaltung die Umbenennung der Elkartallee vorgeschlagen. Zunächst aber muss der Rat über den Vorschlag abstimmen, die Umbenennungsrichtlinien dahingehend zu ergänzen, dass eine Umbenennung auch dann möglich ist, wenn es sich bei der namensgebenden Person um einen aktiven Unterstützer eines Unrechtssystems handelt. Sollte der Rat dies beschließen, beginnt auch in diesem Fall das Umbenennungsverfahren mit der Beteiligung des zuständigen Stadtbezirksrates (Südstadt-Bult) und der Anhörung der zirka 440 Betroffenen.

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PM: Landeshauptstadt Hannover