Über 'Unheimliche Wiedergänger? Zur politischen Psychologie des NS-Erbes in der "68er Generation"' referiert Dr. Jan Lohl, Sigmund-Freud-Institut, Frankfurt a. M. am Dienstag, 8. November, 18:30 Uhr, Haus der VHS, Theodor-Lessing-Platz 1. Der Eintritt ist frei.
Häufig wird als Leistung der "68er" hervorgehoben, dass sie die Generation ihrer Eltern und die (west-)deutsche Nachkriegskultur aufgrund deren Verstrickung in den Nationalsozialismus angeklagt und damit eine Demokratisierung sowie eine Aufarbeitung der Vergangenheit gefördert haben. Ganz im Gegenteil zu dieser Annahme wurden die "68er" in den 1960er Jahren von den Massenmedien, an den Stamm- und Familientischen mit den Nazis verglichen. Der These, dass die "68er" unheimliche Wiedergänger der Nationalsozialisten waren, hat der Historiker Götz Aly 2008 neue Kraft verliehen: Antisemitismus, Gewaltbereitschaft, Aktionismus und eine Behinderung der Vergangenheitsaufarbeitung seien schwere Fehler der "68er" gewesen. Diese Fehler sind nach Aly ganz einfach damit zu erklären, dass die "68er" eben die Kinder der Nationalsozialisten waren.
Der Vortrag von Jan Lohl differenziert diese These kritisch und fragt nach den intergenerationellen Beziehungen zwischen der "68er"-Generation und ihren Eltern aus einem historischen und sozialpsychologischen Blickwinkel: Welches unheimlich Vertraute stellen die "68er" eigentlich für ihre Eltern dar? Was haben diese Eltern an ihren rebellischen Kindern unbewusst wahrgenommen? Was hat diese Wahrnehmung mit den Kindern gemacht? Und: Haben die Kinder diese elterlichen Wahrnehmung ihrer Person verinnerlicht und in ihrem politischen Handeln ausgedrückt – falls ja, wie?