Soziales

Eilantrag gegen Flüchtlingsunterkunft in Hannover-Bemerode bleibt ohne Erfolg

4. Kammer lehnt Eilantrag eines Nachbarn gegen Nutzung eines Mehrfamilienhauses zur Erstunterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ab.

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts den Antrag eines Grundstückeigentümers aus Hannover-Bemerode auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit der der Landeshauptstadt aufgegeben werden sollte, die Nutzung eines benachbarten Mehrfamilienhauses zur Erstunterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zu unterlassen. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines im Jahr 1984 in Kraft getretenen Bebauungsplans, der sie als reines Wohngebiet im Sinne der BauNVO ausweist. Der Antragsteller hat geltend gemacht, die Nutzung des Gebäudes durch die Landeshauptstadt verstoße gegen das Baurecht, weil für den Bebauungsplan die im zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens geltende Baunutzungsverordnung (BauNVO 1977) Anwendung finde. Nach deren Bestimmungen seien soziale Einrichtungen, als die die Flüchtlingsunterkunft zu qualifizieren sei, auch nicht ausnahmsweise zulässig. Die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft verletze seinen Gebietsgewährleistungsanspruch. Die Landeshauptstadt hat argumentiert, die Flüchtlingsunterkunft sei nicht als Anlage für soziale Zwecke einzuordnen. In dem Gebäude werde gewohnt.

Nach Auffassung der 4. Kammer ist zwar der Auffassung des Antragstellers zu folgen, dass das Gebäude nicht zum Wohnen, sondern als Anlage für soziale Zwecke genutzt werde. Dagegen habe der Antragsteller in der Tat einen Abwehranspruch, weil eine solche Nutzung in einem reinen Wohngebiet alter Prägung nicht zulässig sei. Die (Erst-)Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge stelle kein Wohnen im bauplanungsrechtlichen Sinne dar, weil der Begriff des Wohnens durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet sei. Diese Definition sei aus der Abgrenzung zu anderen planungsrechtlichen Nutzungsformen (Beherbergung, Heimunterbringung, Formen der sozialen Betreuung und Pflege) entwickelt worden. Der Aufenthalt in der Unterkunft stelle schon deshalb keine Wohnnutzung dar, weil es an der Eigengestaltung und Freiwilligkeit des Aufenthalts fehle. Zudem sollten die Jugendlichen nur für die kurze Dauer bis zu ihrer endgültigen Umverteilung – die Landeshauptstadt geht von vier Wochen aus – untergebracht werden.

Die Kammer sah aber keinen Raum für die im Eilverfahren angestrebte Unterlassungsanordnung. Damit werde die Hauptsache vorweggenommen. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache sei nur zur Abwehr schwerer und unzumutbarer Nachteile zulässig. Solche schweren Nachteile habe der Antragsteller nicht geltend gemacht. Deswegen sei es ihm zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache anzustreben und abzuwarten.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zulässig.

Aktenzeichen: 4 B 1447/16