Zehntausende Tulpen zieren derzeit die Beete der Herrenhäuser Gärten, kunstvoll kombiniert mit anderen beliebten Frühjahrsblühern wie Narzissen oder Kaiserkronen. Jetzt gesellen sich für etwa drei Wochen botanische Raritäten hinzu, die es in Deutschland in dieser Vielfalt noch nie zu sehen gab: Historische Breeder- und Rembrandt-Tulpen aus den Niederlanden. Sie werden nicht mehr angebaut und gehandelt, denn sie tragen zum Teil ein Virus in sich, das sich nicht ausbreiten darf. Eben jenes Virus ist verantwortlich für die faszinierenden, geflammten Blütenmuster, die im 17. Jahrhundert zu einer gigantischen Nachfrage nach diesen Tulpen führten. Reiche Niederländer zahlten Unsummen für die Zwiebeln der begehrten Rembrandt-Tulpen. Als "Tulpenwahn" ging dieses Ereignis in die Geschichte ein und brachte so manchen reichen Niederländer um Haus und Hof.
Nur der Initiative einiger Tulpenvereine ist es zu verdanken, dass diese Tulpen heute noch in wenigen Museumsgärten Hollands und Englands zu bestaunen sind – und jetzt auch erstmals im Berggarten. "Wir haben mit der Kultur historischer Tulpen Neuland betreten und sind jetzt sehr stolz, diese Kostbarkeiten präsentieren zu können", sagt Projektleiterin Dr. Anke Seegert. Rund 1.300 in Terracotta-Kübel gepflanzte Exemplare sind im Schmuckhof des Berggartens ausgestellt. Informationstafeln geben Antworten auf Fragen zur Heimat und Geschichte der Tulpen, zum Geheimnis der Rembrandt-Blüten sowie zur Pflanzung und Pflege von Tulpen. Gepflanzt wurden die Tulpenzwiebeln ebenso wie ihre modernen Verwandten im vergangenen Herbst. Da es sich um spät blühende Arten handelt, fiel die Wartezeit auf die ersehnten Blüten entsprechend lang aus.
Breeder-Tulpen (=Zuchttulpen) sind die Urahnen der heute so beliebten Triumph- und Darwintulpen. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden sie in England, Holland und Frankreich hoch geschätzt und kultiviert. Seit den 1940er Jahren wird diese Tulpengruppe wegen ihrer Virusanfälligkeit nicht mehr produziert. Zudem schienen die Farben der ungefüllten Blüten nicht mehr zeitgemäß. Die gedeckten Farbtöne wie Kupfer, Bronze, Gold, Ockergelb, Dunkelrot, Violett und Rosa unterscheiden sich deutlich von den leuchtenden Farben der neueren Tulpengenerationen. Gleichzeitig sind sie aber auch unvergleichlich intensiv und samtig glänzend, oft sogar changierend. Echte Breeder-Tulpen sind heute eine Rarität, ihr Erbe steckt allerdings in vielen der beliebten modernen Tulpen.
Breeder- und andere Tulpen, die ihre Farbe komplett verändern konnten, wurden Rembrandt-Tulpen oder Gebrochene Tulpen genannt. Waren sie in einem Jahr noch einfarbig rot, rosa oder purpur, erblühten sie im nächsten Frühjahr zweifarbig und wiesen dabei Farbzeichnungen auf, die wie gewischt, gefranst, gefedert oder geflammt aussahen. Als man Ende des 16. Jahrhunderts damit begann, sie zu züchten, konnte sich niemand diese unheimliche Verwandlung erklären. Die Ursache für das Brechen der Blütenblattfarben wurde erst rund 300 Jahre später entdeckt: Das Tulpenmosaikvirus wird durch saugende Insekten übertragen. Es unterdrückt Farbpigmente in den Blütenblättern und sorgt so für ihre auch heute noch faszinierende Zeichnung.
Die Blumenschönheiten sind im Berggarten der Herren-häuser Gärten täglich ab 9 Uhr zu bewundern. Der Eintritt in den Berggarten kostet 3,50 Euro, eine Kombikarte für den Großen Garten und den Berggarten 5 Euro, Kinder bis 12 Jahre haben freien Eintritt. Die Ausstellung kostet keinen zusätzlichen Eintritt.