Architektur, Linden-Limmer, Wirtschaft

Das Ihmezentrum – Mythen und Legenden in Beton

Das Ihmezentrum sollte eines von mehreren hochverdichteten Wohn-, Arbeits- und Einkaufszentren sein, die in den 1960er-Jahren für das innere Stadtgebiet von Hannover geplant waren. Der Baustil wird heute als Brutalismus bezeichnet und man kann wohl froh sein, dass nicht noch mehrere solcher Projekte umgesetzt wurden.

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Fragt man nach Meinungen zum Ihme-Zentrum hört man immer wieder „wegsprengen“ oder ähnliche Pläne. Charmantester Plan war, einen großen Kreis um das Ihme-Zentrum zu ziehen, das Ganze um 180 Grad zu drehen und alles wäre gut. Die Glocksee läge dann in Linden und das Ihmezentrum in Hannover. Wenn sich dafür eine technische Umsetzung findet, eine spitzen Idee.

Mechanische Weberei – Vorgänger des Ihmezentrum

Mechanische Weberei zu Linden (1910)

Mechanische Weberei zu Linden (1910)

Auf dem größten Teil des heutigen Ihmezentrums war vorher die Mechanische Weberei Linden angesiedelt. 1837 als erstes Unternehmen dieser Art in Europa gegründet war sie berühmt für ihren „Lindener Velvet Samt“. 1874 war das Unternehmen bereits der größte Hersteller dieser Art auf dem europäischen Kontinent. Rund 1.500 Menschen waren hier beschäftigt.

Mit dem Jahr der Weltwirtschaftskrise geriet auch die Mechanische Weberei 1929 in erhebliche interne und externe Schwierigkeiten. 1932 musste ein Vergleichsverfahren durchgeführt werden. Erst 1934 konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden, allerdings in bescheidenem Umfang. Die Luftangriffe auf Hannover im Zweiten Weltkrieg hatten 1943 eine fast völlige Zerstörung des Betriebes zur Folge.

In den Wiederaufbaujahren konnte mit Geldmitteln aus dem Marshallplan, dem Bund und dem Land Niedersachsen der Betrieb wieder aufgenommen werden, jedoch in wesentlich kleinerem Umfang in der Rechtsform als GmbH. Zwar wurde der „Lindener Samt“ wieder für den heimischen Markt hergestellt und auch ins Ausland exportiert, an frühere Leistungen und Bedeutung konnte jedoch nicht wieder angeknüpft werden: 1961 wurde die Fabrik stillgelegt. Die restlichen Bauten im Stadtteil Linden-Mitte wurden 1972 abgebrochen, um dort das Ihmezentrum zu errichten.

Ihmeufer bei Hochwasser

Ihmeufer bei Hochwasser

Mehr zur Geschichte des Ihmezentrum auf punkt-linden.de

Größtes Betonfundament Europas

Der gesamte Komplex wurde in einem Stück gebaut, was es zu einer der umfangreichsten Baustellen mit dem größten gegossenen Betonfundament Europas machte. Bis 1975 entstanden eine Verkaufsfläche von 60.000 m² sowie Wohnflächen von 58.300 m² für etwa 860 Wohnungen (bei damaliger Wohnfläche von ca. 25 m²/Person etwa 2400 Personen; mit Stand 2020 sind es ca. 1400 Bewohner) und 8000 m² für etwa 450 Studenten.

HUMA – Der Magnet im Ihmezentrum

Fast jeder Hannoveraner kennt Huma, einst der Magnet im Ihmezentrum. Auf zwei Ebenen damals der einzige große Supermarkt im Bereich der Innenstadt. Heute gehören E-Center oder andere Einkaufsmärkte zum Stadtbild. Damals eine Neuerung, die maßgeblich zum ersten Erfolg des Ihmezentrums beitrug. Mit für die Zeit außergewöhnlichen Sonderangeboten zog man die Massen an. Legendär auch der Hähnchengrill im Eingangsbereich.

Der Untergang begann mit einem Hubschrauberabsturz. Dabei kamen Ende der Achtzigerjahre das gesamte HUMA-Management ums Leben. Als Nachfolger kam eine zum West-LB/Metro Konzern gehörende ALLKAUF-Filiale. Mit Eröffnung des Real-Marktes an der Davenstedter Straße war kein Bedarf mehr für einen zweiten zum gleichen Konzern gehörenden Supermarkt. Nicht nur benötigte die West-LB im Ihme-Zentrum kein eigenes Einzelhandelsgeschäft mehr. An einer Vermietung an Wettbewerber konnte ebenfalls kaum ein Interesse bestehen. Gerüchte kursierten, man würde die Verluste lieber von der Steuer absetzen und das Objekt verfallen lassen, als zu erlauben, dass sich lästige Wettbewerber dort einnisteten.

Der Anfang vom Ende für die kleinen und mittleren Läden im Ihmezentrum, denn nun fehlte einer der großen Magnete.

Schwimmbad

Viele Geschichten ranken sich um das Schwimmbad im Ihmezentrum. Einige behaupten sogar darin geschwommen zu sein. Einzig zwei Entlüftungsschächte im Nordteil des Ihmezentrums deuten auf das Schwimmbad heute noch hin. Mit der darüber liegenden Kegel- oder Bowlingbahn, da widersprechen sich die Quellen, sollte es zum Freizeitbereich der Stadt in der Stadt gehören. Im Gegensatz zur Bowlingbahn ist die Schwimmhalle aber nie in Betrieb gegangen. Die Stadtwerke haben es als Archiv umgenutzt und zum Teil wohl auch zugeschüttet.

U-Bahn Station

Dann natürlich noch die U-Bahn Station. Die Legende schlecht hin. Auch hier will man sogar durchgelaufen sein. Im Gegensatz zur Station unter dem Hauptbahnhof, die tatsächlich besichtigt werden kann, aber nur ein Mythos.

Bilder die angeblich beweisen sollen das es diese Station tatsächlich gegeben haben soll waren Teil eines Theaterprojektes.

Die Wahrheit ist vielmehr das vom U-Bahnbauamt darauf hingewirkt wurde das für die 60er Jahre typische auf 8 x 8 m Säulenraster auf das man das Ihmezentrum gründete im Bereich einer eventuell zu planenden U-Bahn Trasse zu ändern.

Die Investoren ohne Investitionen

  • Eigentümer Engel (2000–2006)
  • Eigentümer Carlyle (2006–2009)
  • Zwangsverwaltung (2009–2015)
  • Eigentümer Intown (2015–2019)
  • Eigentümer Civitas (seit 2019)

Anfang der 2000er-Jahre übernahm der Investor Frank Michael Engel einen Großteil der bereits leer stehenden Ladenflächen. Das Drama nahm seinen Lauf.

Wie lange sich diese unrühmliche Geschichte in Hannover bereits hinzieht, kann man sehr schön anhand von diesem Video sehen. Oberbürgermeister „Herbert Schmalstieg“ fängt symbolisch an, die ersten Abrissarbeiten auszuführen.

Revitalisierung des Ihmezentrums

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Im Juli 2006 wurden die Anteile der Firmengruppe Engel von der amerikanischen Carlyle Group übernommen, die den Umbau noch weiterführte.

Große Pläne wie der Lindenpark blieben ohne Umsetzung

Große Pläne wie der Lindenpark blieben ohne Umsetzung

2013 endete mit der Insolvenz der Carlyle Tochterfirmen dieser Versuch einer Revitalisierung. Die Berliner Landesbank hat, nachdem sich kein neuer Investor fand, das Objekt Zwangsversteigen lassen. Auch das klappte erst in der zweiten Runde ohne ein Mindestgebot.

Die Carlyle-Anteile wurden schließlich 2015 für 16,5 Millionen Euro an die Projekt Steglitzer Kreisel Berlin Grundstücks-GmbH verkauft. Die Tagespresse nannte diese als Tochter der Firma Intown, hinter der israelische Investoren stünden.

Wieder neue Pläne für das Ihmezentrum in 2016

Wieder neue Pläne für das Ihmezentrum in 2016

Die Projekt Steglitzer Kreisel Berlin Grundstücks-GmbH wurde mit Wirkung zum 28. Februar 2017 umbenannt in Projekt IZ Hannover GmbH.

Von 2018-2019 wurde der Verkauf der Intown-Anteile am Ihme-Zentrum an die Civitas Property Group S.A. durchgeführt. Das ist eine Tochter der Sapinda Gesellschaft des Finanzinvestors Lars Windhorst, bekannt auch als Finanzier von Hertha BSC Berlin.

In 2022 wechselte das Ihmezentrum wieder ein mal den Besitzer. In 2023 wird auch noch enercity aus dem Hochhaus am Ihmeplatz ausziehen. Wie es weiter geht ist völlig offen.

 

Stadtplan

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Bildquellen:

  • Mechanische Weberei zu Linden (1910): Unknown authorUnknown author, 1910 circa Mechanische Weberei zu Linden vor Hannover, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
  • Ihmeufer bei Hochwasser: www.hannover-entdecken.de
  • Ansatz einer Überdachung im Ihmezentrum: www.hannover-entdecken.de
  • Eine einzige Baustelle: www.hannover-entdecken.de
  • Ihmeplatz: www.hannover-entdecken.de
  • Geschäftsaufgabe im Ihmezentrum: www.hannover-entdecken.de
  • IhmeGallery – Grünste Stadt Niedersachsens: www.hannover-entdecken.de
  • IhmeGallery – Charme: www.hannover-entdecken.de
  • IhmeGallery – Schöne Ecken: www.hannover-entdecken.de
  • Große Pläne wie der Lindenpark blieben ohne Umsetzung: www.hannover-entdecken.de
  • Wieder neue Pläne für das Ihmezentrum in 2016: Cardea Immobilien GmbH
  • Stadtwerke bzw enercity im Ihmezntrum: www.hannover-entdecken.de
  • Gibt es eine Zukunft für das Ihmezentrum?: www.hannover-entdecken.de
  • Ihmezentrum: www.hannover-entdecken.de