Erster kommunaler Bildungsplan vorgestellt

"Bildung ist mehr als Schule und Schule ist mehr als Bildung" – diesem Grundgedanken folgt der ressortübergreifende Bericht zur kommunalen Bildungsplanung, den die Verwaltung den Ratsgremien jetzt zur Information vorlegt.

"Nur wenn Bildung in einem viel weiteren Sinn als der Aneignung von typischen Schulkenntnissen verstanden wird, wird man ihrer Bedeutung für das Leben junger Menschen und für die zukünftige Gestaltung unserer Gesellschaft insgesamt gerecht", unterstrich Oberbürgermeister Stephan Weil heute (25. Mai) bei der Vorstellung des Berichtes.

"Es muss darum gehen, Kindern und Jugendlichen, unabhängig von ihrer Herkunft, alle Möglichkeiten zu geben, erfolgreich die schulischen, sozialen und emotionalen Kompetenzen und Fähigkeiten zu erwerben, die sie für ein selbstständiges und zukunftsorientiertes Leben brauchen. Das muss in sehr verschiedenen Zusammenhängen – von Familie bis Schule, von Kinderbetreuung bis Freizeit – geschehen, die sich gegenseitig stützen und ergänzen müssen", so Weil. "Der jetzt vorliegende erste kommunale Bildungsbericht soll helfen, dieses Gesamtsystem von Bildung, Betreuung und Erziehung weiter zu entwickeln. Als Überblick und Grundlageninformation soll er zur fach- und kommunalpolitischen Sensibilisierung und Prioritätensetzung beitragen, mit der kommunale Bildungsplanung als Bestandteil qualitativer Stadtentwicklung dauerhaft verfolgt werden soll."

Berichtsaufbau

"An das geschilderte umfassende Bildungsverständnis appelliert schon der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung (2005). Mit dem ersten kommunalen Bildungsbericht zählt Hannover nun zu den wenigen Kommunen, die aus dem Appell eine konkreten Schwerpunkt der Stadtpolitik ableiten – und sich ein Instrument zur Umsetzung schaffen", hebt Kultur- und Schuldezernentin Marlies Drevermann hervor.

In drei Teilen verschafft der Bericht einen umfassenden Überblick über Angebote und Leistungen und deren Inanspruchnahme durch Kinder, Jugendliche und Eltern und somit  über die Bildungsteilhabe junger Menschen – und definiert Handlungsschwerpunkte, die die strategische Ausrichtung der Stadt Hannover bei den Planungen im Bereich Bildung, Betreuung und Erziehung in den nächsten Jahren leiten sollten.

"Die Handlungsschwerpunkte fußen auf empirischen Erkenntnissen zur sozialen Lage und Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie auf der Betrachtung der vorhandenen Infrastruktur von 'Bildungsorten und Lernwelten'", erläutert Drevermann den Aufbau des Berichtes. Die Zusammenstellung insgesamt orientiert sich an den Lebensphasen von Kindern und Jugendlichen bis zum Ende der allgemein bildenden Schulen. "Wir sehen in dieser Zeitspanne die bildungspolitisch wegweisende Lebensphase für künftige Chancen. Außerdem reicht hier das Spektrum kommunaler Handlungsmöglichkeiten am weitesten", so die Dezernentin.

Der empirische Datenteil enthält ausgewählte Bevölkerungsstrukturdaten wie Haushaltsstruktur und Transferleistungen, die in Verbindung mit "Bildungs- und Teilhabedaten" wie institutionelle Betreuung oder Sprachförderung dargestellt sind. Neuartig ist in der Erarbeitung des Materials besonders die Zusammenführung von Jugendhilfe- und Schuldaten.

Der zweite Teil beschreibt "Bildungsorte und Lernwelten" sowie informelle Bildungsprozesse, die außerhalb von Familie, Kindertagesstätten und Schule für Kinder und Jugendliche immer wichtiger werden. Das breite Spektrum institutioneller Angebote, Programme und Projekte, mit denen Kindern, Jugendlichen und Eltern vielfältiges Lernen, Unterstützung und Beratung ermöglicht werden – und mit denen Benachteiligungseffekte ausgeglichen werden – wird inhaltlich gebündelt dargestellt. Alle wichtigen Institutionen, Programme und Projekte, die von der Stadt in eigener Regie durchgeführt oder von ihr finanziell gefördert werden, sind berücksichtigt.
Von der Sprachförderung, der Kinder- und Jugendarbeit, der kulturellen Bildung, individuellen Förderung-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten, Sport, Bewegung und Ernährung über Prävention und Intervention, Ferienangeboten und Internationalen Begegnungen bis hin zur Elternbildung werden alle relevanten Bereiche im Bildungsplan beleuchtet.
Gesondert ist ein Überblick über den finanziellen Aufwand der Stadt im Zusammenhang mit Bildung, Betreuung und Erziehung gegeben.

Kommunale Handlungsschwerpunkte

"Auf die Stadt konzentriert sich die Lebensplanung vieler Kinder, Jugendlicher und Familien; hier haben sie ihren Lebensraum und wollen ihn für die Zukunft gestalten. Für die Kommune erwächst daraus die Notwendigkeit und der Anspruch, ihnen allen innerhalb des städtischen Handlungsrahmens die größtmögliche Vielfalt von Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangeboten für Lernen und umfassenden Kompetenzerwerb auf unterschiedliche Weise – auch außerhalb der Schule – zu machen," definiert Jugend- und Sozialdezernent Thomas Walter die Grundlage der Kommunalen Handlungsschwerpunkte, aus denen der dritte Teil des Berichtes besteht.

"Aus den Rahmenbedingungen eines umfassenden Bildungsbegriffs und der notwendigen effektiven Planung kommunaler Ressourcen ergeben sich für uns diese fünf Schwerpunkte: Chancengerechtigkeit; Mütter, Väter, Eltern; Frühzeitige Förderung vor der Grundschule; Ganztagsangebote im Schulalter; Bildungsprofile an außerschulischen Lernorten schärfen – sozialräumliche Bildungs- und Handlungskonzepte", so Walter.

Der Dezernent erläutert die Themen wie folgt:

Chancengerechtigkeit

Nach wie vor sind die Bildungschancen nicht für alle Kinder und Jugendlichen gleich, herkunftsbedingte Bildungsbenachteiligung – häufig gepaart mit ökonomischer Benachteiligung – verhindert Zugänge zu und Teilhabe an Bildung und beeinflusst nachhaltig die künftige Bildungsbiografie. Oberstes Ziel kommunaler Bildungsplanung muss es deshalb sein, allen Kindern und Jugendlichen, unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft sowie ihres Geschlechts, in ihren Bildungsverläufen Chancengerechtigkeit zu ermöglichen.

Eltern müssen mit ins Boot

Mütter, Väter oder Erziehungsberechtigte sind die wichtigste Erziehungs- und Bildungsinstanz für Kinder. Deshalb muss in einem Gesamtkonzept "Bildung, Betreuung und Erziehung" die Unterstützung dieser Zielgruppe, die Stärkung ihrer Erziehungskompetenz und ihrer Erziehungsverantwortung Bestandteil sein.

Je früher desto besser

Die Förderung der Kinder im Bereich der frühkindlichen Bildung trägt wesentlich zur Schaffung von Chancengerechtigkeit bei, denn hier kann frühzeitig interveniert und gezielt unterstützt werden, um Fundamente für die zukünftige Bildungsbiografie zu legen.

Ganztagsangebote im Schulalter

Der umfassende Anspruch auf Bildung erfordert spätestens ab dem Schulalter ein flächendeckendes, ganztägiges Angebot. Wünschenswert wäre der Ausbau von gebundenen Ganztagsschulen insbesondere im Grundschulbereich, verbunden mit einer Reform der Schule, die ihren Unterricht anders rhythmisiert und die Einbeziehung alternativer Lernformen zum Gegenstand hat.

Bildungsprofile an außerschulischen Lernorten schärfen – Lernen im Lebenslauf – Sozialräumliche Bildungs- und Handlungskonzepte

Um eine bestmögliche Förderung von Kindern und Jugendlichen zu realisieren, sollen im Rahmen aller Angebote und Maßnahmen die "Bildungsprofile" geschärft werden. Lernen ist ein umfassender und kontinuierlicher Prozess und eng verbunden mit einer Beziehungsarbeit zu den Kindern und Jugendlichen.

Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebote müssen systematisch ineinander greifen und aufeinander abgestimmt werden. Dabei sind die Übergänge von und in Bildungsinstitutionen fließend zu gestalten.
Das Zusammenspiel und die Abstimmung sieht die Stadt als herausragende Gestaltungsaufgabe mit dem Ziel, eine nachhaltige und ganzheitliche Förderung zu gewährleisten.

Der Bericht "Bildung, Betreuung und Erziehung – kommunale Bildungsplanung in der Landeshauptstadt Hannover" kann in Kürze im Internet unter www.hannover.de herunter geladen werden.

Fragen zum Inhalt des Berichtes beantworten für den Fachbereich Jugend und Familie Stefan Rauhaus, Telefon 168-44266; für den Fachbereich Schule Lisa Stolle, Telefon 168-45542; für die Sozialplanung Dr. Silke Mardorf, Telefon 168-46966.

PM: Landeshauptstadt Hannover

Kategorie: Bildung
Quelle/Autor: admin