Die Stadtverwaltung hält mit der bundesweiten Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes ab 2015 im Taxigewerbe eine Erhöhung der Taxitarife in der Landeshauptstadt für notwendig. Das vom Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) beantragte Modell lehnt die Stadt nach gründlicher Prüfung allerdings ab und legt stattdessen ein Alternativmodell vor. Dieses kommt ohne den vom GVN beantragten zusätzlichen Zeittarif aus.
Wie Stadtkämmerer und Ordnungsdezernent Dr. Marc Hansmann erläutert, liegt der Vorschlag der Verwaltung seit heute (Montag, 29.9.) dem Rat vor. Zur Beratung im Finanzausschuss am 8. Oktober sind auch die VertreterInnen des Taxigewerbes und der Gewerkschaft ver.di geladen.
"Unser Alternativvorschlag bleibt bei der bekannten Tarifstruktur aus Grundpreis, Kilometerpreis, Wartezeitentgelt und Sonderzuschlägen. Wir verzichten aber auf einen zusätzlichen Zeittarif. Mit diesem Paralleltarif wäre der Fahrtpreis für die Kunden kaum noch nachvollziehbar. Unser Vorschlag führt zu einer Erhöhung der Fahrtkosten um durchschnittlich 15 Prozent. Das halten wir mit Blick auf den Mindestlohn und die höheren Lohnkosten des Taxigewerbes, aber auch für die Taxikunden für angemessen und vertretbar", begründet Dr. Hansmann den Vorschlag.
Das Konzept stützt sich auf ein kurzfristig erstelltes Gutachten des Ingenieursbüros ISUP (Dresden), das derzeit im Auftrag der Stadt auch die Funktionsfähigkeit des hannoverschen Taxigewerbes untersucht.
Umstrittener GVN-Antrag mit neuem Zeittarif
Der GVN hat eine Änderung der seit 01.03.2013 geltenden Beförderungsentgelte beantragt und dies mit den Mehrkosten für den ab 01.01.2015 geltenden Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde auch im Taxigewerbe begründet.
Das GVN-Modell ändert den Tarif grundlegend:
- •Erhöhung des Grundpreises
- Wegfall der 2. Stufe des Kilometerpreises ab 4. Kilometer
- Wegfall der Wartezeit (verkehrs- oder kundenbedingt)
- Stattdessen ein neuer Zeitpreis parallel zum Kilometerpreis.
Dieses grundlegend neue Tarifmodell führt zu Preissteigerungen für Taxifahrten in einer großen Spannbreite zwischen 15 und über 70 Prozent. Zu dem Antrag des GVN wurden die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Gewerkschaft ver.di, das Gewerbeaufsichtsamt, das Mess- und Eichwesen Niedersachsen und die Region Hannover angehört.
Die Gewerkschaft ver.di befürwortet grundsätzlich eine Anhebung des Taxitarifes, hat aber Bedenken zum neuen Zeitpreis, da der Fahrpreis für den Fahrgast damit nicht mehr kalkulierbar sei und zu Unverständnis führe.
Die Industrie- und Handelskammer Hannover zeigt ebenfalls Verständnis für höhere Taxitarife infolge des Mindestlohnes. Das Risiko längerer Fahrzeiten aufgrund starken Verkehrs oder Baustellen sollte nach Ansicht der IHK nicht allein von den Taxiunternehmen getragen werden. Gleichzeitig hat die IHK aber auch Bedenken gegen den neuen Zeittarif. Die IHK weist zudem auf die Auslastung der Taxen als wichtigen Faktor für die Einnahmesituation der Taxen hin.
Nach Ansicht des Mess- und Eichwesen Niedersachsen müssten zehn Prozent der aktuell verwendeten Taxameter bei Einführung eines zusätzlichen Zeittarifes durch neue Geräte ersetzt werden.
Die Region Hannover befindet sich noch in der Prüfung. Der Zeitpreis wird dort ebenfalls kritisch gesehen.
Die Firma ISUP Ingenieurbüro für Systemberatung und Planung GmbH aus Dresden hat zu der beantragten Erhöhung ebenfalls festgestellt, dass der Fahrgast den Gesamtfahrpreis vor Fahrtantritt nicht mehr kalkulieren könne. Aus der beantragten Tariferhöhung sei nicht ersichtlich, dass noch ca. 30 Prozent Zeitpreiskostenanteil hinzukommen. Die Kosten einer Taxifahrt seien hauptsächlich von der gefahrenen Wegstrecke abhängig. Deshalb müssten sie auch vorrangig danach vergütet werden.
Alternativmodell – Rund 15 Prozent mehr
Die Stadtverwaltung folgt den Ausführungen des Gutachters und empfiehlt, den Antrag des GVN auf Erhöhung des geltenden Taxitarifs und Novellierung des Tarifsystems aufgrund des schwer kalkulierbaren Zeitpreises abzulehnen.
Für die Anpassung der Taxitarife an den Mindestlohn schlägt die Stadt ein von ISUP erarbeitetes Alternativmodell vor, dass den Bedenken gegen den Zeittarif Rechnung trägt und für weiterhin nachvollziehbare Taxitarife sorgt.
Bei der Erarbeitung des Alternativvorschlages ist zu berücksichtigen, dass aktuell keine gesicherten Angaben zu der wirtschaftlichen Situation in den hannoverschen Taxibetrieben vorliegen. Daher wurden Vergleichswerte aus anderen Städten, ältere Daten aus Hannover und Vergleichswerte des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes e. V. (BZP) herangezogen.
Das Gutachten sieht nach Auswertung der herangezogenen Werte eine Anhebung des Tarifes in Höhe von durchschnittlich ca. 15 Prozent zum 01.01.2015 als gerechtfertigt an.
Beim Alternativmodell behält der hannoversche Taxitarif seine bisherige Grundstruktur:
- •Der Grundpreis steigt um 0,60 € auf 3,20 € •
- Das Entgelt je Kilometer steigt um 0,20 €
- Das Entgelt für Wartezeiten steigt um 6 € auf 30 €/Stunde
- Zuschlag für Kombi-/Großraumtaxen bleibt bei 4 €
- Sondertarif Flughafen-Messegelände steigt um 6 €auf 51 €
Nach diesem Modell werden Taxifahrten in Hannover im Schnitt um 15 Prozent teurer. Eine Fahrt von zwei Kilometern kostet künftig tagsüber 7,20 € (bisher 6,20 €), nachts 7,40 € (bisher 6,40 €)und damit jeweils 1,00 € mehr. Eine sieben Kilometer lange Fahrt kostet tagsüber/nachts 16,40 €/17,10 € (bisher 14,40 €/ 15,10 €) und damit jeweils 2,00 € mehr. (Siehe auch ausführliche Übersicht in der Anlage.)
Höhere Taxitarife auch in anderen Städten
Das Alternativmodell von ISUP/Stadt Hannover wird auch gestützt durch den Vergleich mit den zu erwartenden Tarifen ab 2015 in vergleichbaren Großstädten. In Braunschweig soll ein GVN-Antrag mit Zeitpreis zurückgezogen und durch einen neuen Erhöhungsantrag, der keinen Strukturwandel vorsieht, ersetzt werden. Auch in Leipzig, Nürnberg und Hamburg zeichnen sich höhere Taxitarife in Folge des Mindestlohnes ab.
Der Entwurf der Änderungsverordnung an den Rat der Landeshauptstadt sieht vor, dass die Verordnung am nächsten Monatsanfang, der auf die Verkündung folgt, in Kraft tritt. Eine neue Taxitarif-Verordnung für die Landeshauptstadt kann somit zum 01.01.2015 wirksam werden, wenn sie im November von den Ratsgremien beschlossen wird und Anfang Dezember amtlich verkündet werden kann.
Pressemitteilung: Stadt Hannover