Herrenhausen-Stöcken, Kunst & Kultur
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Kutschen des Hauses Hannover sind im Museum Schloss Herrenhausen eingezogen

Kutsche vor Kupfertor am Historischen Museum

Kutsche vor Kupfertor am Historischen Museum

Die vier prunkvollen Kutschen aus dem Haus Hannover sind aus der Kutschenhalle im Historischen Museum Hannover in das Museum Schloss Herrenhausen umgezogen. Dort werden sie bis zur Neueröffnung des Historischen Museums als Leihgabe S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover nach Wiedereröffnung des Museums Schloss Herrenhausen zu sehen sein. Der Transport begann am 5. Mai und wurde heute, 8. Mai, mit dem Umzug des Staatswagens Nr. 1 von König Georg IV., auch bekannt als die „Goldene Kutsche“, abgeschlossen. Den Transport per LKW übernahm eine auf Kunsttransporte spezialisierte Fachfirma.

Ankunft in Herrenhausen

Ankunft in Herrenhausen

Der prunkvolle Wagen gehört wie die drei anderen Kutschen aus dem hannoverschen Königshaus zur ursprünglichen Einrichtung des Historischen Museums. Er wurde 1966 in der Kutschenhalle präsentiert, dem ehemaligen Zeughaus. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und als Teil des Museums wiederaufgebaut. Nach der Auflösung des königlichen Marstalls 1866 waren die Kutschen zuvor in der Orangerie Herrenhausen und in Celle aufbewahrt worden. Der von acht weiß geborenen Pferden gezogene Prunkwagen wurde in London für den Thronfolger George, Prince of Wales, gebaut. Der Paradewagen war Teil des höfischen Zeremoniells in der Tradition barocker Umzüge. 1821 benutzte der inzwischen König gewordene Georg IV. die Kutsche bei seinem einzigen Besuch in der Residenzstadt Hannover. Der Wagen war bereits 1814 nach Hannover transportiert worden.

Staatswagen des Prince of Wales Georg (IV.)

Staatswagen des Prince of Wales Georg (IV.)

Staatswagen des Prince of Wales Georg (IV.)

Seit 1814 Staatswagen Nr. 1 der Könige von Hannover Leihgeber: S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg

Hergestellt in London um 1783 (?), 1787/1795
Leihgeber: Ernst August Prinz von Hannover
Maße: Länge 518 cm, Breite 183 cm, Höhe 420 cm (einschl. Krone), Spurweite 166/177 cm, Räder Ø 113/165 cm

Vermutlich wurde die „State Coach“ (Staats-Carosse) zur ersten Parlamentsauffahrt des am 12. August 1783 volljährig gewordenen Prince of Wales Georg (geb. 1762; 1810 Prinz-Regent, 1820-1830 König Georg IV.) in der Werkstatt des Wagenbauers John Wright angefertigt. Wright war von 1783-86 für den Prince of Wales tätig. Die traditionelle Zeremonie des „Opening of Parliament“ fand 1783 am 11. November statt; aber in der zeitgenössischen Presse ist nichts über die Kutschen bei der Auffahrt vermerkt.

Am 6. September 1814 ließ der Prinzregent Georg „einen Unserer Staats-Wagen zu dortiger Aufbewahrung“ nach Hannover senden. Während zwei weitere übersandte Wagen zum Gebrauch bestimmt waren, sollte der Staatswagen „für allergnädigste Bestimmung“ vorbehalten bleiben. Das Eintreffen des „königlichen Wagens“ in Linden wurde am 31. Oktober 1814 bestätigt, der Sattler Leo baute ihn zusammen und der Hofmaler J.H. Ramberg schrieb eine „Ausdeutung der allegorischen Gemälde am Kgl. Wagen“ nieder. Als „Staatswagen Nr. 1“ rückte er an die Spitze in den Inventaren des Wagenhauses.

Das ursprüngliche Aussehen der State Coach von 1783 ist nicht mehr zu rekonstruieren, denn 1787 bis 1795 wurde sie ganz wesentlich verändert, indem mehrfach umfangreiche und kostspielige modisch bedingte Umbauten durchgeführt, die Schnitzereien des Fahrgestells1792 ausgetauscht und neue Malereien und Dachbekrönungen hinzugefügt wurden.

FunFact: König Ernst August ließ die Kutsche zwar 1846 renovieren. Doch er und sein Sohn Georg V. benutzten die Kutsche nicht.

Coupé des Prinzregenten Georg

Coupé des Prinzregenten Georg

Coupé des Prinzregenten Georg

Hergestellt in London um 1790
Leihgeber: S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg
Maße: Länge 500cm, Breite 183 cm, Höhe 251 cm, Spurweite 162/168 cm, Räder Ø 120/167 cm

Den „zweisitzigen Staatswagen“ ließ König Georg IV. 1823 von London über Bremen an seinen jüngsten Bruder Adolph Friedrich Herzog von Cambridge, Generalgouverneur von Hannover, nach Hannover senden. In den Wagenhaus-Inventaren wird das neu hinzugekommene Coupé seit 1834 nach dem Verkauf eines 1814 aus England gekommenen Staatswagen im Anschluss an die beiden viersitzigen „Staatswagen“ als „Staatswagen Nr. 3“ geführt. Über die Verwendung des Coupés vor 1823 durch Georg IV. und durch Adolph Friedrich nach 1823 fanden sich keine Hinweise.

FunFact: Auf dem Coupé gibt es ein Bild von einem geflügelten Seepferd. Es ist vorne Pferd und hinten Fisch. In der griechischen Mythologie sind Seepferde manchmal Reitoder Zugtiere von Meeresgöttern.

Berline, Staatswagen 2

Berline, Staatswagen 2

Berline, Staatswagen 2

1790 in Karlsruhe gekauft von dem Hofsattler Reiss
Leihgeber: S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg
Maße: Länge 460 cm, Breite 192 cm, Höhe 242 cm, Spurweite 152/155 cm, Räder Ø 125/175 cm

Die Berline wurde 1790 aus der „Chaisenfabrik“ des Karlsruher Hofsattlers Christoph Friedrich Reiss für den hannoverschen Gesandten zur Kaiserwahl nach Frankfurt geliefert. Vom Marstall wurden für die Kutsche und das Geschirr für sechs Pferde („No. 2 das blaue“) 5.000 Reichstaler gezahlt. Während der französischen Besetzung Hannovers wurde beides öffentlich versteigert und von Sattler Narten gekauft. Dieser lieferte sie Ende 1814 dem Marstall wieder zurück für 464 Reichstaler. 1819 wurde das Fahrgestell neu bemalt und der Kasten mit dem Königlichen Wappen versehen für 245 Reichstaler. Die Erneuerung des Geschirrs 1821 kostete 972 Reichstaler. 1833 wurde der ganze Wagen für 2.158 Reichstaler umfassend restauriert und 1845 das Geschirr aus blauem Saffianleder für acht Pferde zum Preis von 3.375 Reichstalern eingerichtet. 1838 und 1841 fuhr König Ernst August mit dem Staatswagen Nr. 2 und acht Weißgeborenen zur feierlichen Eröffnung der Ständeversammlung, und der Kronprinz Georg (V.) benutzte ihn zu seiner Trauung am 8. Februar 1843. Seit 1866 war der Staatswagen Nr. 2 in Herrenhausen ausgestellt, von 1950 bis 1963 im Celler Landgestüt.

FunFact: Als die französische Armee 1803 Hannover besetzte, konfiszierte sie den Staatswagen 2 und verkaufte ihn. Nach der Besetzung kaufte das Welfenhaus ihn 1814 von einem Sattlermeister zurück.

Phaeton des Prinzen Eduard, Herzog von Kent und Strathearn

Phaeton des Prinzen Eduard, Herzog von Kent und Strathearn

Phaeton des Prinzen Eduard, Herzog von Kent und Strathearn

Hergestellt in London um 1785, vermutlich von dem Wagenbauer Lukin oder von Leader
Leihgeber: S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg
Maße: Länge 485 cm, Breite 189 cm, Höhe 252 cm, Spurweite 156/162 cm, Räder Ø 125/175 cm

Der „Perch-high Phaeton“ (etwas mit „Hochsitz-Phaeton“ zu übersetzen) wurde Prinz Eduard (1767-1820, seit 1799 Herzog von Kent, Vater der Queen Viktoria) Ende des Jahres 1786 in Hannover zurückgelassen. Eduard, der vierte Sohn Georgs III., war von seinem Vater im Mai 1785 zur militärischen Ausbildung nach Lüneburg geschickt worden. Im Sommer 1786 durfte Eduard nach Hannover übersiedeln. Als Marstallausrüstung, so äußerte sich 1785 der General und Oberstallmeister Johann Graf von Wallmoden-Gimborn, Eduards Onkel, seien sechs Wagen, darunter ein viersitziger Stadtwagen und ein Reisewagen für Eduard notwendig.

1819 wurde der Phaeton vom Sattler Leo repariert; der alte Schmuck, die Wappen- und Ordenszeichen des Prinzen Eduard blieben unverändert. Vermutlich, weil der Phaeton bis 1820 Eduards Eigentum blieb, respektierte dies sein in Hannover residierender jüngster Bruder Adolph Friedrich Herzog von Cambridge. Über seine weitere Benutzung ist nichts bekannt. Seit 1866 wurde der Phaeton in Herrenhausen gezeigt, seit 1966 im Historischen Museum am Hohen Ufer.

FunFact: »Phaeton« ist ein kurioser Name für ein Fahrzeug, denn hinter ihm verbirgt sich eine tragische Geschichte. In der griechischen Mythologie ist Phaeton der Sohn des Sonnengottes Helios. Gegen den Rat des Vaters lenkt er dessen Sonnenwagen. Er verliert die Kontrolle über das Gefährt, stürzt und stirbt.

Bildquellen:

  • Kutsche vor Kupfertor am Historischen Museum: Landeshauptstadt Hannover (LHH)
  • Ankunft in Herrenhausen: Landeshauptstadt Hannover (LHH)
  • Staatswagen des Prince of Wales Georg (IV.): Historisches Museum Hannover
  • Coupé des Prinzregenten Georg: Historisches Museum Hannover
  • Berline, Staatswagen 2: Historisches Museum Hannover
  • Phaeton des Prinzen Eduard, Herzog von Kent und Strathearn: Historisches Museum Hannover
Kategorie: Herrenhausen-Stöcken, Kunst & Kultur

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