Wirtschaft

Stadtverwaltung legt Plan für die Steuerung der Einzelhandelsentwicklung vor

Die Stadtverwaltung hat heute (19. Mai) ein neues Einzelhandels- und Zentrenkonzept vorgestellt, mit dessen Hilfe künftig die Entwicklung im Einzelhandel gesteuert werden soll. Ziel ist es, die Innenstadt und die Stadtteilzentren in ihren Funktionen als Einkaufs- und Dienstleistungsstandorte zu stärken und eine möglichst wohnortnahe Versorgung mit Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Im Mittelpunkt des Plans steht ein System, das die Einzelhandelsbereiche in fünf Kategorien unterteilt. "Die Stadt braucht ein Steuerungsinstrument, um Ansiedlungsvorhaben in die richtigen Bahnen lenken zu können", begründete Stadtbaurat Uwe Bodemann die Notwendigkeit des Konzepts. "Wir wollen ein vielfältiges und gut erreichbares Angebot an Waren und Dienstleistungen im Stadtgebiet sichern. Für den Einzelhandel schaffen wir damit mehr Planungssicherheit", betonte der Baudezernent bei der Präsentation.

In einem zweijährigen Prozess haben Fachleute der städtischen Bau- und Wirtschaftsverwaltung, der Region Hannover, der IHK und des Einzelhandelsverbands zusammen mit dem Büro für Stadtentwicklung Dr. Acocella (Lörrach) eine umfassende Analyse der Einzelhandelssituation sowie Vorschläge für zukünftige Handlungsleitlinien erarbeitet. Das Ergebnis ist ein 436 Seiten umfassendes Gutachten in zwei Bänden. Die wesentlichen Erkenntnisse der Analyse:

  • In den Jahren 1993 bis 2007 hat die Gesamtverkaufsfläche in Hannover um 25 Prozent auf rund 843.000 Quadratmeter zugenommen, der Umsatz stieg im selben Zeitraum um rund 16 Prozent. Das bedeutet gleichzeitig eine Abnahme der Flächenproduktivität. 
  • Die Zahl der Einzelhandelsbetriebe stieg um 14 Prozent auf 3668. Im Verhältnis zur stärker gewachsenen Verkaufsfläche bedeutet das, dass die Konzentration weiter zugenommen hat.
  • Die sogenannte Kaufkraftbindung erreicht in Hannover mit 132 Prozent einen Spitzenwert im bundesweiten Vergleich. 
  • Die Nahversorgungssituation in Hannover ist deutlich besser als in anderen Großstädten: 88 Prozent der Einwohner finden ein entsprechendes Angebot in weniger als 500 Meter Entfernung von der Wohnung vor. Das weist aber auch auf Optimierungspotenzial hin, da rund 63.000 Einwohner nicht fußläufig den nächsten Nahversorger erreichen können.

Die Ergebnisse des Gutachtens bilden die Grundlage für das nun vorgelegte Einzelhandels- und Zentrenkonzept, das sieben Elemente enthält:

  1. Die Stadt wird in fünf Zentrumskategorien eingeteilt. Das A-Zentrum ist die Innenstadt und besitzt überregionale Bedeutung. Die Lister Meile mit regionaler und gesamtstädtischer Bedeutung bildet die Stufe B. Zum C-Zentrum gehören Stadtbezirkszentren wie zum Beispiel die Südstadt. Stadtteil- und Teilbereichszentren wie etwa Vahrenwald/Niedersachsenring sind auf Ebene D eingestuft. Stadtteil- und Teilbereichszentren mit begrenztem Angebot, beispielsweise der Fiedelerplatz in Döhren, bilden das E-Zentrum. Die künftige Neuansiedlung oder Umstrukturierung von Einzelhandelsvorhaben soll sich an der Bedeutung der Zentren ausrichten und standortgerecht dimensioniert werden.
  2. Auf der Basis des Zentrenkonzeptes werden zentrale Versorgungsbereiche, Ergänzungsbereiche und Entwicklungsbereiche räumlich dargestellt. Unter zentralen Versorgungsbereichen (ZVB) versteht man die Bereiche, denen wegen ihres konzentrierten Einzelhandelsangebotes, ergänzt um Dienstleistungen und Gastronomie, eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Ergänzungsbereiche haben nicht die Besatzdichte und Qualität eines ZVB, haben für die Versorgung eine lokale Bedeutung und sollen deshalb erhalten werden. Entwicklungsbereiche sind Bereiche, für die es konkrete planerische Vorstellungen und Ansiedlungsabsichten gibt, und die eine sinnvolle Erweiterung des Angebotes bieten.
  3. Bei der Beurteilung von Einzelhandelsvorhaben spielt die Bewertung der Verträglichkeit der geplanten Sortimente mit den bestehenden und schützenswerten Versorgungsstrukturen eine wichtige Rolle. Unterschieden wird in zentrenrelevante Sortimente (etwa Genuss-Lebensmittel) und nicht zentrenrelevante Sortimente (zum Beispiel Möbel). Eine sogenannte "Hannoversche Liste" umfasst 36 zentrenrelevante Sortimente (von Antiquitäten bis Zeitungen) und 25 nicht zentrenrelevante Sortimente (von Bad- und Sanitäreinrichtungen bis Werkzeuge).
  4. In einem Zielkatalog werden acht Ziele  zur künftigen Ausrichtung der Einzelhandelsentwicklung formuliert, die der Erhaltung und der Stärkung der Einzelhandels- und Funktionsvielfalt in den Zentren dienen sollen.
  5. Prognose der Verkaufsflächenentwicklung:  Das Gutachten hat ergeben, dass das Verkaufsflächenpotenzial sich moderat entwickeln wird. Man geht von einem Zuwachs von maximal zehn Prozent in den kommenden zehn Jahren aus.
  6. Es werden Grundsätze zum Umgang mit zentrenrelevantem Einzelhandel und mit nicht zentrenrelevantem Einzelhandel sowie zu den räumlichen Entwicklungsoptionen formuliert. Kernaussage für die zukünftige Planung ist der Grundsatz: Innen- vor Außenentwicklung.
  7. Sonderstandorte: Nicht zentrenrelevanter Einzelhandel kann grundsätzlich überall  dort angesiedelt werden, wo die planungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Im Sinne einer geordneten Einzelhandelsentwicklung im gesamten Stadtgebiet soll der nicht zentrenrelevante Einzelhandel zukünftig planerisch gesteuert werden. Großflächiger Einzelhandel mit nicht zentrenrelevanten Hauptsortimenten soll grundsätzlich nur noch in Ausnahmefällen und in den dafür ausgewiesenen Sondergebieten zugelassen werden. Als Sonderstandort gilt beispielsweise das Südbahnhofgelände.

Anstoß zur Neuaufstellung einer umfassenden Einzelhandelskonzeption gaben insbesondere die Umstrukturierungs- und Konzentrationsprozesse im Einzelhandel in den vergangenen Jahren. Aber auch die Vorgaben aus dem Landesraumordnungsprogramm und aus dem Regionalen Raumordnungsprogramm, neue Bestimmungen des Baugesetzbuches sowie diverse Grundsatzurteile zum Einzelhandel haben die Verwaltung dazu veranlasst, diesen Plan zu erarbeiten. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen zudem, dass sich kommunale Einzelhandelskonzepte als sinnvolles Steuerungsinstrument bewährt haben.

Das neue Programm ersetzt bisherige Teilkonzepte und schreibt sie fort. In Kürze beginnen in den Stadtbezirksräten die Beratungen über die Beschlussdrucksache. Die öffentliche Auslage des Konzeptes und des Gutachtens soll zum Jahresende erfolgen.