Ruth Gröne, die mit ihrer Familie Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten wurde, hat den Vorlass ihrer Familie dem Stadtarchiv Hannover zur Aufbewahrung anvertraut und heute (14. Dezember) ausgewählte Dokumente im Rahmen eines Pressegespräches vorgestellt. "Wir sind sehr froh, dass Frau Gröne diesen Entschluss gefasst hat und danken ihr dafür", so Archivleiter Dr. Karljosef Kreter. "Ihre Familiengeschichte ist für die Gedenkstättenarbeit von Stadt und Region von großer Bedeutung".
Ruth Grönes Eltern, Erich und Maria Kleeberg, hatten Anfang der 1930er Jahre geheiratet. 1933 wurde ihre einzige Tochter Ruth geboren. Der gelernte Bankkaufmann Erich Kleeberg war jüdischen Glaubens, seine Frau Christin. 1933 veränderte sich das Leben der jungen Familie radikal. Zur frühesten Erinnerung des Mädchens Ruth gehört, wie die Nazis das Haus Wissmannstraße 11 und 13 überfallen haben. Ruth war damals erst fünf Jahre alt, die Eltern waren seit 1936 als Hausmeister-Ehepaar bei der Simonschen-Stiftung in der Südstadt angestellt. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Entrechtungen erdulden müssen. Tochter Ruth galt als so genanntes "Mischlingskind". Im weiteren Lebensweg der Familie wurde Maria Kleeberg drangsaliert, sich von ihrem jüdischen Mann zu trennen, schließlich musste die Familie nach vorheriger Einweisung in die Judenhäuser Ohestraße und Herschelstraße nach Hannover-Ahlem in das dortige Judenhaus umziehen.
Erich Kleeberg wurde 1944 verhaftet und kam im Lager Sandbostel um. Die Großeltern von Ruth, Hermann und Frieda Kleeberg, wurden am 15. Dezember 1941 von Ahlem über den Bahnhof Fischerhof in das Ghetto Riga deportiert. Die Namen von Ruth Grönes Vater, Großvater und Großmutter sind eingraviert in das Mahnmal an der Oper, das an 1.935 ermordete hannoversche Kinder, Männer und Frauen jüdischer Herkunft erinnert. Ruth Gröne überlebte mit ihrer Mutter die Jahre der Verfolgung.
Der Vorlass enthält neben vielen Dokumenten unter anderem fünf Briefmarkenalben aus dem Besitz von Erich Kleeberg, die vor der Vernichtung gerettet werden konnten. Außerdem zahlreiche Fotografien, darunter solche, die Ruth kurz nach der Geburt im jüdischen Krankenhaus zeigen, als Schulpflichtige in der jüdischen Schule in der Ohestraße und als heranwachsendes junges Mädchen im Judenhaus in Ahlem.
"Die Originaldokumente aus der Geschichte der Familie werden dazu beitragen, die Gedenkstättenarbeit in Stadt und Region substanziell zu unterstützen. Insbesondere die neue Konzeption der Gedenkstätte in Ahlem ist darauf angewiesen, mit Unterlagen und Original-Urkunden individuelle Familienschicksale in der Verfolgungszeit zu veranschaulichen. Sie sind ein wichtiger Baustein für die geplante neue Ausstellung in der Gedenkstätte und für die Gedenkstättenarbeit generell, um die jüngere Vergangenheit in Hannover zu illustrieren und glaubwürdig zu vermitteln", unterstrich Dr. Kreter die Bedeutung des Vorlasses.