Biber in Hannover: Stadt achtet auf Verkehrssicherheit der Bäume

Besonders Bäume am Ufer der Gewässer sind betroffen

Besonders Bäume am Ufer der Gewässer sind betroffen

Der Herbst ist die Zeit, in der die Aktivitäten des Bibers wieder sichtbarer werden. Denn in den kalten Monaten besteht die Hauptnahrung des Bibers aus Knospen und Rinden von Gehölzen – somit sind insbesondere in den Wintermonaten verstärkt Fraßspuren an Bäumen festzustellen. Dabei kann der Biber auch mühelos große Bäume, vorwiegend Weiden als typisches Auengehölz, zu Fall bringen. Diese Aktivitäten finden meistens in direkter Ufernähe statt, da der Biber oft nicht weiter als zehn Meter vom Ufer entfernt aktiv ist. Diese Bäume werden – sofern sie sich im Zuständigkeitsbereich des Fachbereichs Umwelt und Stadtgrün befinden – regelmäßig von den zuständigen Baumkontrolleur*innen begutachtet.

Fraßspuren des Bibers sind derzeit vor allem entlang der Leine im gesamten Stadtgebiet, zum Beispiel im Bereich des Hinüberschen Gartens, der Grünverbindung Döhrener Maschpark, im Uferbereich des Maschsees und des Schnellen Graben zu beobachten. Hier mussten Anfang des Jahres bereits drei Weiden aufgrund von Umsturzgefahr stark gekürzt und fünf gefällt werden. Weitere neun Kopfweiden werden im nächsten Frühjahr durch neue ersetzt, darunter allein acht im Bereich der Seufzerallee. Es ist jedoch zu erwarten, dass im Laufe des Jahres auch darüber hinaus Maßnahmen zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit in verschiedenen Teilbereichen der Ufer von Leine und Ihme notwendig werden.

Im Bereich des Döhrener Maschparks werden im Winterhalbjahr 2021/22 neun neue Bäume gepflanzt (Stieleiche, Schwarzpappel, Silberweide und Vogelkirsche). Auf der Fläche direkt an der Leine mussten in den vergangenen Jahren aus Gründen der Verkehrssicherheit einige große, vom Biber angefressene Pappeln und Weiden gefällt und entnommen werden. Zudem ist vorgesehen, in ausgewählten Bereichen mit Weidensteckhölzern neue Nahrungsangebote für den Biber zu schaffen. Im Frühjahr/Sommer stellt der Biber seine Kost wieder auf andere pflanzliche Nahrung um, Gehölze stehen dann nicht mehr im Vordergrund.

„Der Biber sollte jedoch nicht als Schädling der Ufervegetation angesehen werden, sondern vielmehr als natürlicher Bestandteil des Ökosystems, da er maßgeblich zur Schaffung natürlicher Lebensräume beiträgt. Die Rückkehr des Bibers ist deshalb auch als Indikator für eine zunehmende Naturnähe von Leine und Ihme zu werten“, betont Martina Dahms aus dem Bereich Forsten, Landschaftsräume und Naturschutz im Fachbereich Umwelt und Stadtgrün.

Um diesen Prozess zu dokumentieren und wissenschaftlich zu begleiten, wurde bereits 2015 ein sogenanntes „Bibermanagementkonzept“ in Zusammenarbeit mit Naturschutzverbänden aufgestellt. Die Ökologische Station Mittleres Leinetal e.V. in Zusammenarbeit mit dem NABU Laatzen e.V. war die Auftragnehmerin. In dem Konzept wurde das Verbreitungsgebiet des nach europäischem (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, FFH) und nationalem Recht (Paragraf 7 Bundesnaturschutzgesetz) besonders und streng geschützten Bibers in Hannover dokumentiert. Im vergangenen Winter hat der NABU, der die Entwicklung regelmäßig kartiert, sieben Biberreviere im Hannover festgestellt. Die Reviere befanden sich schwerpunktmäßig im Süden des Stadtgebiets entlang der Leine, der Ihme und des Schnellen Grabens. Aber auch die Leine in Linden-Limmer, Herrenhausen und Marienwerder sowie die Ihme und die Ricklinger Kiesteiche zählen inzwischen zu den Gebieten, die der Biber als Lebensraum erschlossen hat. Die Populationsgröße wurde zuletzt auf circa 25 Tiere geschätzt. Eine aktuelle Kartierung ist gerade in Bearbeitung.

„Auch bei der derzeitigen Populationsgröße können Nutzungsüberschneidungen im Lebensraum von Biber und Mensch potenziell zu Konflikten führen. An Bäumen mit kulturhistorischer Bedeutung oder Bedeutung für den Gewässerschutz wurden daher Drahthosen zum Schutz gegen Biberfraß angebracht“, erläutert Martina Dahms. Ein Beispiel hierfür seien die alten Kopfweiden am Ernst-August-Kanal.

Das Anbringen von Drahthosen an sämtlichen Bäumen im Einzugsbereich des Bibers ist aus Sicht der Fachleute jedoch weder ökologisch vertretbar noch praktisch umsetzbar. Zu beachten ist auch, dass große Abschnitte der Gewässer erster Ordnung im Zuständigkeitsbereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) liegen.

Ebenso betroffen von den Biberaktivitäten sind Fließgewässer und Regenrückhaltebecken der Stadtentwässerung Hannover. Die Tiere fällen auch in diesen Bereiche Bäume und bauen Dämme. Dies kann zu Konflikten mit den Renaturierungsbemühungen und vor allem der Siedlungsentwässerung führen. Erforderlich sind daher enge Abstimmungen der Entwässerungsnotwendigkeiten mit den Artenschutzerfordernissen. Planung und Betrieb der Stadtentwässerung stehen daher bei konkreten Problemen im Austausch mit der Unteren Naturschutzbehörde und der Ökologischen Station Mittleres Leinetal.

Passant*innen, die starken Biberfraß an Bäumen melden möchten, können sich per E-Mail unter 67.3Buergeranfragen@hannover-stadt.de an den Fachbereich Umwelt und Stadtgrün wenden.

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